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Channel: Marshall Verstärker – GITARRE & BASS
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Marshall präsentiert alternative Designs für DSL40C

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Der Marshall-Röhren-Combo DSL40C ist ab sofort auch in den alternativen Designs „Pitch Black“, „Vintage“ und „Cream“ erhältlich.

Diese Marshall-DSL40C-Sondermodelle werden in streng limitierter Auflage gefertigt und werden nur für kurze Zeit schon ab Mai erhältlich sein. Wer solch einen schmucken Combo sein eigen nennen möchte, sollte ihn baldigst beim Marshall-Händler seines Vertrauens vorbestellen. Der Preis liegt bei ca. € 1023.

Weitere Infos unter:

www.marshallamps.de


Slash im Workshop-Special

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Workshop Slash Special

Slash – mit Guns N‘ Roses hat er in den 80er und 90er Jahren Rock-History geschrieben und avancierte durch sein bluesiges Gitarrenspiel zu einem der angesagtesten Guitar Heroes. Slash fiel allein durch seine Optik – Zylinder, Les Paul in Höhe der Kniescheiben, Tattoos, abgerissene Jeans – aus dem Rahmen, und verkörperte im Vergleich zu den blondierten Hair-Metal-Gitarristen der 80er alte Rock-’n‘-Roll-Show-Tugenden.

Eigentlich war Slashs Spielweise gar nicht so spektakulär, aber gerade durch seine überzeugend auf den Punkt gebrachten Roots-Riffs/Licks im Stile von Jimmy Page (Led Zeppelin) und Joe Perry (Aerosmith) setzte er sich für viele Musik- und Gitarren-Fans wohltuend ab von den manchmal allzu technisch perfekt spielenden Shredding-Gitarristen der 80s.

Auch sein Sound war sehr straight Slash ging, abgesehen von seinem markanten WahWah-Einsatz, mit Effekten wie Chorus, Flanger, Delay etc. sehr sparsam bis gar nicht um, und diese simple Sound-Philosophie dürfte viele Gitarristen dazu gebracht haben, sich wieder mehr mit der spielerischen Seite ihres Instruments zu beschäftigen.

Um Slashs Equipment zu benennen reichen vier Worte: Les Paul plus Marshall. Das sind die soliden Säulen seines Sounds. Slash gilt zwar seit je her als fanatischer Gitarrensammler, jedoch ist er meist mit seiner Gibson Les Paul Standard von 1987 (oder seiner berühmten 1959er-Les-Paul-Kopie von Chris Derrig) und mehreren Marshall-JCMTopteilen auf der Bühne.

Viel interessanter als die Techniken, die Slash benutzt, ist, welche er weglässt. Aufgewachsen in einer Zeit, in der Guitar Heroes nur so aus dem Boden schossen und mit ihnen neue Techniken wie Sweeping, Tapping, Whammy-Bar-Gewitter etc. populär wurden, hat er sich nie für virtuose Show-Einlagen erwärmen können. „Ich bin kein begnadeter Solist“ konstatierte er einmal in diesem Magazin. Wenn man es sportlich betrachtet, hat er Recht, musikalisch gesehen liegt er mit dieser Einschätzung völlig daneben.
Er beschränkt sich auf profane Techniken – wie Bending, Legato und Vibrato – und lässt damit oftmals sehr viel mehr Musik entstehen als seine effektheischenden Kollegen.

Auffällig ist bei Slash die lockere, aber hart anschlagende rechte Hand. Durch die tief hängende Gitarre ist sein Arm fast gestreckt, dafür aber das Hand-gelenk sehr stark geknickt, um eine parallele Position der Hand zu den Saiten herzustellen. Von Slashs linker Hand kommen meist nur Zeige-, Mittel- und Ringfinger zum Ein-satz, was in häufigem Positionenwechsel resultiert. Dies überrascht, da Slash in fast allen Soli die zwei bekanntesten Grundpositionen der Moll-Pentatonik (mit dem Grund-ton auf der tiefen E- bzw. A-Saite) als Angelpunkt nimmt und somit tonal recht festgelegt ist. Durch die beschränkte Spannweite der drei Finger bricht er aus dieser Position immer wieder zwei bis drei Bünde nach oben und unten aus.

Da kann man sich für sein eigenes Spiel eine Menge abgucken. Gitarre&Bass hat auf mehr als 29 Seiten Workshop-Special rund um den Gitarrenvirtuosen Slash zusammengestellt!

Die Marshall-Zeitmaschine

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Unbenannt

Schon während seiner durch eine schwere Krankheit geprägten Kindheit und Jugend zeigt Jim Marshall einen ausgeprägten Wissensdurst und stillt diesen mit der Lektüre von Büchern über Technik und Maschinenbau. Seine erworbenen Fachkenntnisse setzt er später nach zahlreichen Hilfsarbeiter- Jobs als Werkzeugmacher beim Flugzeugbauer Heston Aircraft in die Tat um.

Während des 2. Weltkrieges startet er als Sänger in einer Band, bei der er nur wenig später das Schlagzeug übernimmt. Mangels Benzin transportiert er sein Drum-Set und seine damals schon selbstgebauten PABoxen per Fahrradanhänger zu den Auftritten. Nach zwei Jahren Schlagzeugunterricht bei dem in England angesagten Max Abrams beginnt Jim 1949 selbst zu unterrichten. Zu seinen Schülern zählen u. a. Mitch Mitchell (Jimi Hendrix), Micky Burt (Chas & Dave), Micky Waller (Little Richard) und Nick Underwood (Ritchie Blackmore). Während der 50er-Jahre verdient er sich mit Gigs und wöchentlich bis zu 65 (!) Schülern die finanzielle Basis für den Einstieg ins Boxen- und Verstärker- Business.

1960

In seiner Garage startet Jim mit dem Bau von säulenförmigen Bassund PA-Boxen, die er mit je zwei 12“-Lautsprechern bestückt. In ersten Verkaufsbelegen wird die Custom- Line-Range beschrieben, die aus 12″-, 15″- und 18″-Boxen mit Goodmans-Speakern besteht. Dazu bietet Jim Verstärker der Marken Linear und später Leaks an. Gleichzeitig besorgt er seinen Schülern Premier- Drums vom Selmer Shop in der Charing Cross Road. Der dortige Shop-Manager bringt ihn dann auf die Idee, selbst mit Schlagzeugen und Zubehör zu handeln. Am 07. Juli 1960, um 14 Uhr war es dann soweit: Feierliche Eröffnung des ersten Ladens von Jim Marshall und dessen Sohn Terry, der bei den angesagten Flee-Rekkers Saxophon spielt, in der 76 Uxbridge Road, Hanwell.

Jim Marshall am Schlagzeug in den 50er Jahren Jim Marshall in frühen Tagen früher JTM45

Gaststar ist Max Abrams. Jim himself ist im Übrigen für den Drum- Service zuständig. Viele Schlagzeuger kommen mit ihren Bands vorbei, und schnell folgt die Nachfrage nach Gitarren und Verstärkern, von denen Jim Marshall laut eigenem Bekunden keine Ahnung hat. Kurz darauf wurden Fender Stratocaster und Tremolux- Amps, wie auch Gibson ES-Thinline-Gitarren ins Sortiment aufgenommen. Ben Davis, Chef des damaligen Gibson- und Fender-Vertriebs Selmer, wundert sich über die immensen Umsätze des Ladens.

Marshall & Son Eröffnungsplakat Marshalls zweiter Laden

1962

Die bis heute anhaltende Zusammenarbeit mit dem britischen Lautsprecherhersteller Rola Celestion Ltd. beginnt. Bevorzugter Speaker: G12. Ein gewisser Ken Bran, der oft mit seiner Band Peppy and the New York Twisters den Laden besucht, lässt Jim wissen, dass er beabsichtige, das Touren an den Nagel zu hängen. Ein Jahr später bietet Jim Marshall Ken, der inzwischen bei PanAm arbeitet, die Position des Servicetechnikers an, die der gerne annimmt. Erst Ken Bran schlägt Jim vor, anstelle des Handels mit, lieber eigene Verstärker herzustellen. Jim beauftragt also seinen Techniker mit der Entwicklung eines Amps, und so entsteht der erste Lead Amp für E-Gitarre, der legendäre JTM 45, den es bald auch als Bass- und PA-Version gibt.

In Gesprächen mit Pete Townshend, Brian Poole & the Tremeloes und Jim Sullivan erfährt Jim, dass denen die Fender-Gitarrenverstärker wie Tremolux, Twin Reverb etc. zu clean klingen, und nach der Beschreibung ihrer Sound-Vorstellungen weiß Jim, was zu tun ist. Offenbar trifft der Sound eines Fender Bassman eher den Geschmack der Gitarristen als die Gitarren- Amps des US-Herstellers. Im September 1962 entsteht, technisch an den Fender Bassman angelehnt, der erste Prototyp mit einem nackten Chassis ohne Holzgehäuse, um Modifikationen zu erleichtern. Die 4×12″-Box feiert Premiere, kurz darauf folgt die abgeschrägte Version. Zahlreiche Bestellungen des Prototyp-Amps zeigen, dass Jim und Ken auf dem richtigen Weg sind.

1963

Der vergrößerte Shop erhält einen kleinen Fertigungsbereich, in welchem Ken und dessen langjähriger Freund Dudley Craven die ersten Verstärker bauen – etwa einen pro Woche. Ken Bran ordert die Aluminium- Chassis je nach Bedarf aus dem Lager von Smith s in der Tottenham Court Road. Die Nachfrage steigt kontinuierlich, und so zieht die Gehäuseproduktion in einen anderen Laden gegenüber (93 Uxbridge Road) und kurz darauf in eine 7×10 m große Werkstatt in Southall, Middlesex. Anfänglich verkauft Jims Laden in Hanwell Marshalls ausschließlich direkt an Endverbraucher. Die Mundpropaganda läuft jedoch auf Hochtouren, und so bietet Jim seine Produkte auch Händlern in Südengland an, während sein Freund Johnny Jones (Jones & Crossland, Birmingham) sie ab Ende 1963 in Nordengland vertreibt.

1964

Nach „Zwangsexpandierung“ und Umzug im Juni eröffnet in der 28-30 Silverdale Road, Hayes die erste richtige 567 m2 große Marshall- Fabrik mit bereits 16 Arbeitern, die rund 20 Amps pro Woche fertigen. Die erste 1960-Box für Gitarre und (!) Bass geht in Serie. Sie verträgt 60 Watt und besitzt eine gewinkelte Front. Roy Orbison tourt in England mit Marshall-Equipment und nimmt es mit nach Amerika.

1965

Jim Marshall unterschreibt einen weltweit exklusiven Vertriebsvertrag mit Rose-Morris. Da Johnny Jones damit die Marshall-Vertriebsrechte verliert, führt Jim exklusiv für Johnny die nahezu baugleiche Verstärkerund Boxenreihe „Park“ ein, benannt nach dem Geburtsnamen von Johnnys Frau Margaret. Jim Marshall war schon immer ein Fuchs! Vertrieben werden die Parks von Johnny’s Firma Cleartone Musical Instruments oder kurz „CMI“. Von Design-Unterschieden abgesehen, fertigt man die Park-Amps und -Cabinets primär aus überschüssigen Lagerbeständen.

Ken Bran DER Ur-Marshall Außen Park, innen Marshall

Zudem schlägt Jim so gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Die Produktion wird ausgelastet, er tut einem Freund einen Gefallen, und das alles bringt nebenbei auch noch zusätzliches Geld in die Kasse. Großbritannien schwelgt in der Hysterie des Beat-Booms, Amerika erliegt der britischen Invasion, und Pete Townshend braucht einen stärkeren Amp! Jim beauftragt Ken mit der Entwicklung eines 100-Watt- Heads. Sie sind sehr stolz auf die ersten Exemplare, und plötzlich steht Pete Townsend mit dem Wunsch nach einer 8×12″-Box auf der Matte. Erwartungsgemäß beschweren sich die Roadies, die Idee der riesigen Box wird ad acta gelegt (nur sechs Stück wurden gebaut!) und das Ganze auf zwei einzelne Boxen aufgeteilt, die man zudem noch aufeinander stellen konnte – das Marshall- Stack war geboren! Somit ist Pete Townshend maßgeblich am klassischen Stack-Design beteiligt. Eric Clapton kauft im Marshall Shop seinen später legendären 1962-Bluesbreaker- Combo aus der zweiten Produktionsreihe. Mit dem Model 1983 erscheint die erste offizielle Marshall 2×12″ PA-Box.

1966

Man erfreut sich explosionsartiger Zuwächse und festigt seine Position als weltweit führender Hersteller von Rock-Gitarren-Amps. The Who, Cream und besonders Jimi Hendrix, der England ab September 1966 förmlich in Hysterie versetzt, tragen in den Jahren 1964 bis 1967 hauptsächlich zum sechsfachen Zuwachs des Marshall- Umsatzes bei. EL34-Endröhren ersetzen die seltenen und daher teuren KT66. Mit Ausnahme der Tremolo-Amps müssen auch die GZ34 Gleichrichterröhren einer Halbleiterschaltung weichen. Der Umzug in die Lyon Road, Bletchley, Milton Keynes ist unerlässlich. Die Musikladenkette „Kitchen“ beauftragt Marshall mit einer eigenen Amp-Reihe, die das Logo „Kitchen- Marshall“ erhält. Obgleich es sich dabei primär um PA-Equipment handelt, werden auch ein paar JTM45-Tops und unterschiedliche Gitarren-Boxen gefertigt. Der hässlichste oder seltsamste Marshall- Combo dürfte wohl der Capri sein, ein 5-Watt-Röhren-Amp mit 8″-Speaker und rotem Vinyl-Bezug, der hinsichtlich der Ausstattung sehr an einen Fender Champ erinnert. Da gerade mal 100 Stück gefertigt wurden, ist er heute überaus selten.

Marshall Fertigung der 60er Jahre

Frauen-Power: Ein Teil der Marshall-Fertigung der frühen 60er-Jahren.

1967

Jim baut in großen Stückzahlen Verstärker für den deutschen Markt, wird jedoch aus markenschutzrechtlichen Gründen von dem deutschen Trompetenhersteller Marshall daran gehindert. Also werden die Exportprodukte erst einmal auf „Big M Made in England“ getauft. 1967 oder 68 erwirbt Jim die weltweiten Rechte an seinem Namen und die Big-M-Logos sind Geschichte. Außerdem erblicken das legendäre SupaFuzz-Pedal, das bis zu 15 Sekunden Sustain verspricht, der 2020 Reverb (Federhall), der auch von Pete Townshend benutzt wird, sowie das 2021 Reverb-Fuzz, beide im Gehäuse des 20-Watt-PAAmps, das Licht der Welt.

Auszug aus dem Katalog von 1965

der Katalog von 1967

Der Titel des Kataloges von 1967! Es riecht nach Erfolg, denn Jimi Hendrix, Roy Orbison, Gary Brooker und Cream zieren das Cover.

1968

Umzüge zählen offenbar zu Jim Marshalls Hobbies, denn jetzt wechselt er standesgemäß in die First Avenue, was allerdings de facto um die Ecke ist. Das speziell auf die eigenen PAs abgestimmte High-Impedance-Marshall- Mikrofon und das legendäre Supa-Wah- Pedal erscheinen.

Katalog von 1965

1969

Nicht viel Neues ist zu vermerken, außer: Aufgrund wachsender Leistungsansprüche wird die 1×18″-Bass-Box Modell 1988 von 50 auf 100 Watt verstärkt.

1970

Während der 70er-Jahre schießen Marshall-Produkte wie Pilze aus dem Boden, und das Sortiment umfasst nicht nur Gitarren- sondern auch Bass-Equipment, PA-Boxen und Mischpulte, die zu riesigen Systemen kombiniert mit Deep Purple, Elton John u. v. a. Top-Acts in der Welt unterwegs sind.

1971

Eine weitere Variante des Standard- Amps wird vorgestellt, nämlich der zerrtechnisch extrem vielseitige Artist. Obgleich wenig erfolgreich, werden die Tops und Combos noch etwa sieben Jahre lang gefertigt. Der 2046 Specialist, ein 25-Watt-Combo mit 15″-Speaker, Hall und Tremolo ist der erste Amp mit Platinenaufbau und für Club- und Jazz-Gitarristen vorgesehen. Aufgrund von chronischen Überhitzungsproblemen wird er 1973 wieder aus dem Sortiment genommen.

Jimi Hendrix live mit Marshall-Stack Marshall Disco-Anlage Kitchen-Marshall

1972

Marshall standardisiert die Größe der Topteil- Gehäuse und nimmt Tremolo-Amps aus dem Programm. Ein seltener Combo-Amp ist der nur ein Jahr lang gebaute 1930 Popular, der 10 Watt liefert und mit einem 12″-Speaker, zwei Kanälen und Tremolo ausgestattet ist. Auch der 2060 Mercury ist solch ein Exot und Marshalls erster Amp mit Hybrid-Schaltung (Transistor-Preamp, Röhrenendstufe). Er drückt seine 5 Watt durch einen 12″-Lautsprecher und wurde speziell für Bestellungen aus dem Katalog gebaut.

1973

Mit den Modellen 2077 und 2078 erscheinen Marshall’s erste Bass- und Gitarren-Combos in Transistortechnik. Bestückt mit vier 12″-Lautsprechern wirken die Gehäuse recht monströs. Beide Amps bieten zwei Kanäle sowie FX-Send und -Return.

1974

Der Musikalienhändler Sound City fragt an, ob man ihm einen Marshall- Amp mit anderem Namen bauen könne. Da der Verstärker nicht Kens Nachnamen und damit den einer Müsli-Zutat tragen soll (Bran = Kleie), benutzt man den Namen einfach rückwaÅNrts: Narb. Wieder eine gute Gelegenheit, alte Marshall-Chassis und -Teile aufzubrauchen. Die Narb-Amps erhalten Standard-Marshall- Schaltungen mit Tremolo, und es werden lediglich 4×12-Boxen gefertigt. DJs aufgepasst: Mit der Disco-Unit, bestehend aus zwei Plattenspielern, Endstufe und zwei Lautsprecherboxen beweist Marshall wahrhaft prophetische Fähigkeiten.

Marshall Narb Amp von 1974

1974 baute Marshall Narb-Amps – exklusiv für den Musikladen Sound City.

1975

Mit den Master-Volume-Amps erhört Marshall den Wunsch zahlreicher Gitarristen nach mehr Gain bei geringerer Lautstärke. Gleichzeitig bekommt die Transistorabteilung Zuwachs durch die von den Combos abgeleiteten ultra flachen 100-Watt-Topteile 2098 für Gitarre und 2099 für Bass. Cleartone Musical Instruments beauftragt Marshall, neben Park eine weitere Amp- Reihe zu produzieren. Jim ist von der Idee nicht sonderlich begeistert, willigt jedoch ein. So entstehen die zunächst PA-orientierte CMI-Reihe und kurz darauf drei gut funktionierende, aber hässliche CMI-Gitarrenverstärker, und zwar zwei Heads und ein Combo, die natürlich technisch auf Marshall- Schaltungen basieren. Da mangels Erfolg nur wenige Geräte gebaut und auch nur von 1976 bis 1977 angeboten werden, konzentriert sich Johnny Jones wieder auf die Park-Produkte.

1976

Das Jahr hält sich mit Neuerungen zurück: Präsentiert werden die 2097 PA-Boxen mit 125 Watt, acht 8″-Lautsprechern und VFront sowie das einkanalige, für Gitarre und (!) Bass konzipierte 100-Watt-Transistor-Top 2195 mit Master-Volume.

1977

Eine Combo-Version des ersten 1959-Tops mit 100 Watt, zwei Kanälen, vier Eingängen und zwei 12″-Lautsprechern erscheint.

Katalog der 70er Jahre

In auffälligem Gelb feierte der Katalog von 1970 nicht zu Unrecht den Marshall-Sound als den der 70er Jahre.

1978

Das 100-Watt-Head Model 2959 im Standard- Design mit fußschaltbarem Hall und 6- dB-Booster, aber ohne Master Volume, geht an den Start. Diesem ist jedoch kein langes Leben vergönnt, und so fliegt es nach einigen Monaten und ca. 150 gefertigten Exemplaren wieder aus dem Programm. Der neue 2150-Röhren-Combo leistet 100 Watt, besitzt einen 12″- Speaker und wurde als einziger mit vier Inputs und Master Volume ausgestattet. Er bleibt einige Jahre im Marshall- Programm. Mit gleich drei besonders clean klingenden Club-&- Country-Combos hat Marshall die Gitarristen und Bassisten der Country-Szene ins Visier genommen.

1979

Die klassischen mit G12-25 Celestions bestückten 1960Aund 1960B-Boxen werden mit G12-65 aufgepeppt, was die Leistungsfähigkeit von 100 auf 260 Watt erhöht.

Pa-Katalog aus den 70ern PA-Katalog aus den 70ern PA-Katalog aus den 70ern

1980

Die 30-Watt-Speaker der Bass-Boxen 1984 und 1984B werden durch 80-Watt-Typen ersetzt. Das 100 Watt starke Gitarren-Top 2959 mit Hall und Booster wird aus dem Programm genommen.

1981

Jim Marshall beendet die 15-jährige Zusammenarbeit mit Rose-Morris und startet eine eigene Vertriebsfirma. Während dieser Zeit reduziert er die Zahl der verschiedenen Modelle drastisch, um sich auf die neu eingeführte JCM-800-Reihe zu konzentrieren. Dies war zunächst nicht ganz einfach – übrigens auch nicht für andere Hersteller –, denn Großbritannien steckte in einer tiefen Rezession. Aber das Ding wurde durchgezogen und war letztendlich von wirtschaftlichem Erfolg gekrönt. 1982 Marshall feiert sein 20. Jubiläum mit einer speziellen Anniversary-Serie weißer Marshall-Amps, -Combos und -Boxen.

1983  

Die 2205 50-Watt- und 2210 100-Watt- Heads aus der JCM800-Reihe mit Split Channel, Master Volume und Reverb zählen ebenso zu den Neuheiten wie die entsprechenden 2×12″-Combos.

1984  

Jim Marshall wird mit dem „Queen’s Award for Export“ ausgezeichnet, einem Ehrenpreis für außerordentliche Exporterfolge über einen Zeitraum von drei Jahren. Da das „Queen’s Award“-Logo auf allen Marshall- Briefköpfen und -Anzeigen verwendet werden darf, verhilft dies der Firma zu erhöhtem Ansehen im In- und Ausland und macht die Belegschaft außergewöhnlich stolz. Der bislang letzte Umzug steht an, obgleich die Adresse lediglich von der einen Seite des Blocks auf die gegenüber liegende wechselt. Aktuelle Adresse ist somit die Denbigh Road. Das Mini-Stack, bestehend aus dem 3210 Mosfet-Head und zwei 4×10″-A- und -BBoxen wird vorgestellt. (Angesichts der noch folgenden Minis handelt es sich dabei eher um ein Medium-Format, doch das konnte man zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen.)

Jim Marshall: The Best of British

Jim Marshalls Erfolgsweg ging in den 70er und 80er Jahren steil nach oben.

Jim Marshall wird eingeladen, neben Leo Fender, Robert Moog, Frank Martin III, Les Paul, Bill Ludwig, Remo Belli, Eddie van Halen und Stevie Wonder seine Handabdrücke in der Rock Walk Hall of Fame zu hinterlassen. Das Gitarren-Mini-Stack aus Lead-12-Top und zwei 10″-Boxen erscheint und wird in den Gehäusefarben weiß, silber, grün und rot angeboten. Zum Preamp umfunktioniert avanciert das Top später zum Liebling zahlreicher Gitarristen. Mit den leistungsstarken 6010/-20/-40 Transistor- Mono-Bass-Endstufen (100/200/400 Watt) und dem 3540 400-Watt-Basstop steigt Marshall ins Rack-Geschäft ein.

1986  

Eine Besonderheit stellt der 4001 Studio 15 dar: Er ist der erste und einzige Marshall- Combo mit 6V6 Endstufenröhren und eingebauter Leistungsminderung, der erste mit Celestion Vintage 30 Speaker und der erste bekannte Röhren-Amp mit Kopfhöreranschluss, der gleichzeitig als Power Attenuator dient. Höchst innovativ! Der 4203 Artist ist ein 1×12″-30-Watt- Combo basierend auf dem Topteil des 3204 Mini-Stacks. Seine Hybrid-Schaltung mit Vor- und Endstufenröhren beschäftigt eine Halbleiter-Klangreglung. Das entsprechende Top dazu ist der 3203 Artist.

1987  

Jim Marshall feiert 50 Jahre im Musik-Business und sein 25. Firmenjubiläum. Gleichzeitig präsentiert er die Silver-Jubilee- Reihe von 50- und 100-Watt-Verstärkern – dank silberner Vinyl-Bezüge und verchromter Frontplatte echte Eyecatcher. Das Model 2555 Top dieser Serie ist später Basis für das erste Slash-Signature- Modell. Gleichzeitig erscheinen die ersten Gitarren- Combos in Mosfet-Technologie mit Kanalschaltung und Hall sowie das Mikro-Stack für Bass mit 30-Watt-Top und zwei 10″-Boxen. Leistungsmäßig krönt das 600-Watt-Top 3560 das Angebot an Bass-Verstärkern.

JCM 800 Stack

Das Anfang der 80er Jahre vorgestellte JCM-800-Fullstack sollte das Bild nahezu aller Rock- Bühnen bis in die heutige Zeit hinein prägen.

1988  

Als erste Marshall-Reissues erscheinen das 1987S 50-Watt-Top (Reissue des Model 1987 aus den frühen 70ern), das 1959S 100- Watt-Top sowie die 1960AS und 1960BS 4°—12-Boxen mit Chequerboard-Front. Außerdem führt man das The Guv’nor Distortion-Pedal ein.

1989  

Der legendäre Bluesbreaker- Combo (Model 1962) und ein Reissue des JTM 45 werden wieder aufgelegt. Marshall’s erster dreikanaliger Röhren-Preamp 9001 und eine Röhren- und zwei MOSFET-Endstufen erscheinen, allesamt im 19″- Format.

1990  

Marshalls lange erwartete JCM-900-Serie erblickt das Licht der Öffentlichkeit. Die Amps sind vor allem dadurch bekannt geworden, dass deren Regler bis 20 gehen, ein von Nigel Tufnel (Spinal Tap) inspiriertes Feature. Die 1960A 4×12-Box mit Mono/Stereo-Schaltung wird vorgestellt. Dem 9001-Preamp folgen die zweikanalige Transistor Variante 9004 und diverse Röhren- und Transistor- Endstufen. Der kleinste Marshall, der Microbe MS-2, erscheint. Zunächst noch in schwarz, wird die Reihe der kleinen Plastikkiste mit Mini-Speaker und Kopfhörerausgang später in allen klassischen Designs inklusive rot erscheinen.

1991  

Um den grassierenden Bluesbreaker-Hype und gleichzeitig weniger gut betuchte Musiker zu bedienen, präsentiert Marshall das gleichnamige Distortion- Pedal. Das Mini-Stack wird noch kleiner: Jetzt als Mikro-Stack 8010 mit 10-Watt-Top und zwei 1×8″-Boxen. Die ValveState-I-Reihe startet mit zwei kleinen Gitarren-Endstufen (8004 und 8008), die das Rack-Programm erweitern, sowie diversen Transistor- und Hybrid-Combos (ab 40 Watt), Topteilen und Boxen. Weiterhin werden der Plexi 1959 (1959X) wieder aufgelegt und die ShredMaster- und DriveMaster- Distortion-Pedale eingeführt.

1992  

Marshall begeht sein 30. Jubiläum mit neuen Produkten, nämlich dem auf 800 Stück limitierten 30th Anniversary Amplifier, dem ultimativen Röhren-Top, einem entsprechenden 1×12″-Combo und 1×12″- und 4×12″-Boxen, mit blauem Vinylbezug und vergoldeten Amp-Chassis. Der programmierbare JMP-1-MIDI-Röhren- Preamp im 1-HE-Rackformat erscheint. Im Oktober stellt Marshall unter dem reanimierten Label Park drei preisgünstige, in Korea gefertigte Transistor-Combos vor. Zudem erscheint das SE100, ein 100 Watt Powersoak mit integrierter Speaker-Simulation und diversen variablen Abnahmeparametern.

Ein Reissue des 1987 Plexi (1987X, 50 Watt Top) erscheint, allerdings auf frühen 70er- Sound ausgerichtet. Abseits der Musikindustrie engagiert sich Jim Marshall in zunehmendem Maße für wohltätige Zwecke wie den Variety Club und den London Federation of Boys Club. Im August wird er Mitglied der Grand Order of Water Rats, einer auf weltweit 200 Mitglieder begrenzten Zahl ausgewählter Bürger, die sich für behinderte und unterprivilegierte Menschen einsetzen. Ein weiteres Highlight des Jahres ist der erneute Gewinn des Queen’s Award for Export.

1993  

Im vorangegangenen Jahr fragte der große Konkurrent früherer Tage, Vox, bei Marshall an, eine Wiederauflage des klassischen Vox AC30 zu bauen. Tatsächlich ging der Amp Anfang 1993 in Produktion. Dabei hatte zu Beginn der 60er Vox-Chef Tom Jennings Marshall noch mit einer Klage gedroht, wenn man weiterhin dessen Vox Bulldog Speaker verwende. Das Gitarren-Rack-Programm wird mit zwei Röhrenendstufen (2×50 und 2×100 Watt) erweitert.

Marshall Transistor-Amps Jim Marshall 1972er Marshall Major

1994  

Der neue DRP-1 ist ein Recording Amp im Desk-Top-Format mit integriertem Preamp und Speaker-Simulation für Gitarre und Bass, den man vor Mischpult oder Amp schaltet.

1995  

Als Ergänzung zum JMP-1 erscheint im 1-HERackformat Marshalls erstes MIDI-kompatibles programmierbares Multieffektgerät JFX- 1. Gleich vier verschiedene Modelle vom JTM60-Röhrencombo werden vorgestellt, und zwar mit 1×12″-, 2×12″-, 3×10″- und 1×15″-Lautsprecherbestückung.

1996  

Marshall präsentiert sein allererstes Signature- Modell für den ehemaligen Guns-N’Roses- Gitarristen Slash, das auf dem Silver-Jubilee- Topteil Model 2555 basiert und mit schwarzem Bezugsstoff neu aufgelegt wird. Die unerwartet hohe Nachfrage verleitet Marshall dazu, das als Limited Edition angekündigte Modell in großen Stückzahlen zu fertigen. Pech für die Sammler. Die optimierte ValveState-II-Serie erweitert die Palette mit verschiedenen Mono- und Stereo-Combos.

1972er Marshall Major

200 Watt stark war der Major, hier ein 1972er Modell.

1997  

Mit dem JCM600 erscheint ein Vollröhrentop in Kompaktformat mit symmetrischem D.I.-Ausgang. Ebenso kompakt sind die passenden 4×10″- Boxen JCMC410A und -B. Der technisch identische 2×12″-Combo heißt JCM601, der sich mit der Zusatzbox JCM C12 erweitern lässt. Als Highlight des Jahres werden die JCM2000 DLS (Dual Super Lead) Gitarren- Tops vorgestellt, jeweils als 50- und 100-Watt-Versionen, die die Klangcharakteristiken des alten 1959 und des ersten Master-Volume-Amps 2203 an Bord haben.

1998  

Nach dem edlen 30th Anniversary Top legt Marshall sechs Jahre später nach: Der JCM2000 TSL100 ist ein dreikanaliges 100-Watt- Head mit allem, was das Gitarristenherz erfreut, u. a. mit frequenzkorrigiertem D.I.-Out. Ein extrem vielseitiger Amp. Der EL84 20/20 Valve Power Amp rundet als 19″/1-HE-Endstufe mit 2×20 Watt das Rack- Programm nach unten ab. Das Dual Super Lead Top erhält mit den Combos DSL201 und 401 zwei kleinere 20- bzw. 40-Watt-Brüder.

1999  

Auch das neue dreikanalige JCM 2000 TSL60 Top trumpft mit Luxusausstattung und 60- Watt-Endstufe auf. Ein wenig Verwirrung stiften die Transistor- Amps G80RCD Combo und G100RCD Head, denn vorne prangt unübersehbar das Marshall- Logo, während sich auf der Rückseite „Park Series“ versteckt. Der AS50R, Marshalls erster Combo für akustische Instrumente, wird vorgestellt. Zur Effektpedalreihe gesellen sich VT-1 Vibratrem, SV-1 Supervibe und JH-1 The Jackhammer.

Marshall Mode Four

Der Amp für die bösen Sounds – ModeFour war 2003 das Schlagwort, und das Hybrid- Konzept pumpte erstaunliche 350 Watt in entsprechend ausgelegte Boxen.

2000  

Neues Flaggschiff der Acoustic Amps wird der ASD100D Acoustic Soloist, ein drei kanaliger 2×50 Watt Stereo-Combo mit Digitaleffekten. Die Valvestate-Reihe wird quasi mit einem Quantensprung aufgestockt: Der vierkanalige 2000 AVT150, ein Gitarren-Combo in Hybrid-Technologie, liefert 150 Watt und kommt mit digitaler Effektsektion und zahlreichen weiteren Features. Er ist auch als Top und 2×75-Watt starker Stereo-Combo erhältlich. Ein wahrer Brecher ist das 400 Watt starke Röhren-Bass-Top VBA 400, zu dem die nicht weniger imposante 8×10-Box VBC 810 gehört. Beide zusammen bringen schlappe 110 kg auf die Waage.

2001  

Marshall hat seine erfolgreiche Valvestate- Reihe überarbeitet und präsentiert sie als Advanced Valvestate Technology. Nach wie vor kommt Hybrid-Bauweise mit einer ECC83 Vorstufenröhre zum Einsatz, alles andere ist Solid State. Neben dem üppig ausgestatteten AVT275 Stereo- Combo mit Digitaleffekten gibt es das schlichtere zweikanalige 50-Watt-Top AVT50H und die beiden kompakten 4×12- Boxen AVT412A und AVT412B.

2002  

Zu seinem 40. Jahrestag geht Marshall in die Vollen. Neben dem Zakk Wylde 2203ZW Limited Edition Modell und der MG-Transistor-Amp-Serie zählt der 1962JAG, eine erneute Wiederauflage des Bluesbreaker-Combos, zu den Highlights. Der Combo entsteht in Zusammenarbeit mit dem britischen Autohersteller Jaguar, der seinen Namen, das Design mit vergoldetem Chassis und die weißen Lederbezüge aus dem berühmten Jaguar Custom Shop in Coventry beisteuert. Für den schlanken Geldbeutel präsentiert Marshall die MG-Reihe, die sich aus Transistor- Combos mit 15, 30 und 2×50 Watt rekrutiert und über Aux Inputs, Federhall und/oder vereinfachter digitaler Effektsektion verfügt.

Handwired Serie

Reissues im Stil und Sound von früher − handwired in Milton Keynes

2003  

Als imposanter Knaller entpuppt sich das ModeFour-Konzept, dessen 350-Watt-Head (!) eine Hybrid-Schaltung, zwei ECC83 Vorstufenröhren, vier getrennt regelbare Kanäle, zwei frequenzkorrigierte Line-Ausgänge, 6-fach-Fußschalter u. v. m. bietet. Die darauf abgestimmten 4×12-Boxen, selbstverständlich mit gewinkelter und gerader Front, gibt es in 280- und 400-Watt-Ausführung.

2004  

Eindeutige Highlights des Jahres sind die Reissues der Handwired-Serie, wobei es sich um komplett handverdrahtete Klassiker der Marshall-Historie mit EU-konformen Upgrades handelt. Neben dem 1959HW Head und den entsprechenden 4×12-Boxen mit künstlich gealterten Lautsprechern präsentiert man den seltenen 1974X Combo (18 Watt, 1×12″) und das entsprechende 2061X Top (20 Watt). Die dazu angebotenen Cabinets 1974CX und 2061CX hat man allerdings komplett neu entwickelt.

Die Vintage Modern Serie

Der Brückenschlag zwischen Gestern und Heute: die Vintage-Modern-Serie

2005  

Eine umfassend erweiterte MG-Reihe wird vorgestellt. Die Amps liefern 10, 15, 30, 50, 100 und 2×50 Watt und basieren ausnahmslos auf Halbleitertechnik. Je nach Größe gibt es Aux Input, Aux Input plus Federhall oder Digitaleffekte. Topmodelle sind der zweikanalige 100-Watt-Combo und das entsprechende Head. Für Letzteres gibt es selbstverständlich kompakte 4×12″-A- und -B-Boxen. Auch das überarbeitete Mikro-Stack MG15 MSII zählt zum Lineup. Die Effektserie wird mit dem EH-1 Echohead Delay-Pedal aufgestockt. Nach dem Motto „Das Beste zum Schluss“ präsentiert Marshall Ende des Jahres eine originalgetreu nachgebildete Replik des JTM45/100 Super Amps mit historisch korrekten 4×12-Boxen. Exakt dieses Stack soll 40 Jahre zuvor Pete Townsend bei Jim geordert haben. Nur 250 Exemplare werden aufgelegt.

2006  

Erneut präsentiert Marshall ein Dokument seiner Historie, und zwar das Super 100JH Limited Edition Stack. Genauso hat Jimi Hendrix, der ja mitverantwortlich für den Erfolg von Marshall war, es 1966 in Hanwell, im Norden Londons gekauft. Die mitgelieferten 4×12- Boxen, die untere ist ein ganzes Stück höher als die abgewinkelte obere, sind mit der damals üblichen Pinstripe-Frontbespannung versehen. Limitiert auf 600 Stück weltweit. Da müssen sich der neue MB30 Bass- Combo und das vierkanalige JVM410H Gitarren-Top sehr anstrengen, um nicht im Schatten des Hendrix-Turms zu verblassen. Mit den RF-1 Reflector (Reverb) und RG-1 Regenerator (Modulation) werden auch neue Pedaleffekte vorgestellt.

Die JVM-Serie

Ab 2006 im Programm, entwickelt sich die JVM-Serie prächtig und glänzt gleichermaßen mit überzeugenden Clean- und Marshall-typischen Zerr-Sounds.

2007  

Marshall versucht einen Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne. Zur Serie „Vintage Modern Amps“ zählen 50 und 100 Watt Heads, ein 50 Watt Combo und zwei 4×12″-Boxen im gewohnten A/BFormat. Neu sind auch das JCM 800 Kerry-King-Signature- Gitarren-Top und der JVM205CCombo, ein zweikanaliger Bruder des JVM410 Topteils. Die Bassisten werden mit dem 450 Watt starken MB450H Top und den Lautsprecherboxen MBC410 (4×10″) und MBC115 (1×15″) beglückt.

2008  

Auch Randy Rhoads war treuer Marshall- User, und daher wird der auch unter Kollegen höchst angesehene Gitarrist posthum mit dem 100 Watt Signature-Top 1959RR (Mark II Super Lead) geehrt. Mit dem JVM Ltd. Edition „RB“ Halfstack, bestehend aus dem zweikanaligen JVM205H Top und der abgewinkelten höheren 1960TV-Box, beides in knallrot und mit Brown-Basket- Front, bringt der britische Hersteller ein wenig mehr Farbe in sein Sortiment. Die zum dritten Mal re-designte MG-Serie kommt mit einer umfangreichen Palette diverser Transistor-Combos und Heads. Die Amps mit dem Anhängsel „FX“ bieten neben digitaler FX-Sektion vier programmierbare Kanäle, die sich mithilfe des optionalen Fußschalters PEDL9008 abrufen lassen. Der beinharte Motörhead-Basser Lemmy Kilmister erhält das auf 250 Exemplare limitierte 1992LEM Signature- Top, das detailgetreu seinem modifizierten MKII Super Bass nachempfunden wurde.

Die JMD-Serie

Mit der JMD-Serie entert Marshall mit Erfolg das Modeling-Terrain.

2009  

Mit der Haze-Serie zieht es Marshall nach Indien, wo diese Röhren-Amps produziert werden. Das Haze-Mini- Stack besteht aus einem 2-kanaligen 15-Watt-Top mit Channel Memory, Digitaleffekten und zwei 1×12″-Boxen, der 40- Watt-Combo kommt mit einem 12-Zöller. Passend zum Zwergen-Amp-Boom wird der Class5 vorgestellt, ein puristischer 5-Watt- Vollröhren-Combo. Mit dem netz- oder batteriebetriebenen MG2FX beweist Marshall, dass es noch kleiner geht: Zwei Watt, 6,5″-Speaker, zehn feste Sound Modes, Digitaleffekte und Tuner. Dave Mustaine verpasst seinen klassischen 4×12″-Boxen ein konsequentes Metal-Outfit, Marshall stellt die Boxen als Signature-Series vor. Zum Schluss das Highlight: Marshall goes Hybrid-Modeling. Die JMD:1-Reihe umfasst zwei Topteile und zwei Combos mit digitaler Vorstufe + Effektsektion + Röhrenendstufe + üppiger Ausstattung + MIDI.

2010  

Die MA-Reihe wird eingeführt: Zweikanalige Vollröhren-Amps, ein 50 und 100 Watt Head mit entsprechenden Combo-Modellen, Made in Vietnam. Zur Ausstattung zählen fußschaltbarer Overdrive- Boost, Federhall, serielle FX Loop, getrennte Klangreglungen. Die Combos stattet man mit einem bzw. zwei 12″-Eminence- Speakern aus.

2011  

Zum vierten Mal präsentiert Marshall die komplett überarbeitete MG-Line, diesmal dank Carbon-Fiber-Look schon optisch interessant. Die Transistor-Amps mit dem Anhängsel „CFX“ bieten vier voll programmierbare Kanäle, FX Modeling und FX Loop. Bis auf Master-Volume ist alles programmierbar. Per optionalem Fußschalter PEDL90008 (mit Tuner-Funktion) lassen sich alle Settings abrufen. In Zusammenarbeit mit Yngwie Malmsteen hat man das 1959-Top neu definiert (YJM100), das als weiterer Signature-Verstärker mit zweifach regelbarem Gain-Booster, Gate, Reverb, Effects Loop und der neuen Bias-Automatik erscheint.

2012- 50 Jahre Marshall

2012- 50 Jahre Marshall – eine Ikone feiert ihr goldenes Jubiläum.

2012  

Nicht nur wegen ihrer Maße, sondern auch ihrer Leistung erregen die 1-Watt-Miniverstärker der 50th Anniversary Range enorme Aufmerksamkeit. Streng limitiert auf 50 Stück für Deutschland, Österreich und die Schweiz, werden die drei Combos und entsprechenden Tops mit zeitlichem Abstand erscheinen. Das erste Modell hört auf den Namen JTM1 und ist klanglich und optisch an den ersten JTM45 angelehnt.

Und dann …  

Ja, und dann passiert es: Während ich an diesem Artikel arbeite – bei meiner Recherche switche ich ständig zwischen Marshall-Book, Gitarre-&-Bass-Tests, -Artikeln und -Messeberichten und natürlich der Website www.marshallamps.de – erscheint plötzlich dieses tolle Schwarzweißportrait von Jim auf der Marshall-Website, darunter die Jahreszahlen 1923 – 2012. Wie paralysiert starre ich auf meinen Monitor – ich weiß nicht, wie lange … Die Web-News bestätigen dann meine Befürchtung. Bevor ich weiterarbeite, muss ich das erst mal bei einem Kaffee sacken lassen. Viele Bilder von Jim Marshall passieren Revue, der, sofern es seine Gesundheit zuließ, Jahr für Jahr auf seinem Messestand in Frankfurt anwesend war. Morgens als erster an seinem großen Stand, signierte er schon mal Poster und Autogrammkarten vor, bevor der alltägliche Run darauf einsetzte.

Ein Mann zum Anfassen, für jeden Musiker und jeden Fan. Jim ist ein wirklicher Verlust. Ich werde ihn in lebendiger Erinnerung halten, spätestens immer dann, wenn ich mein kleines Marshall-2061X-Top einschalte. Jim, lass es dir gut gehen da oben. Du wirst viele Freunde und Weggefährten wiedersehen. Die, mit denen du deine Hände auf der Rock Walk Hall of Fame in den Zement gedrückt hast und auch die unzähligen Musiker, die dir und denen du gleichermaßen Erfolg verdankst. Vielleicht kommt es ja auch zu der einen oder anderen Session. Keep on rockin’!

Mehr zur Thema Marshall Amps findest du in unserer Marshall Sonderausgabe!

 

Buch-Tipps  

Jim Marshall – The Father of Loud Rich Maloof Backbeat Books

Jim Marshall – Pionier des Rock-Sounds Rich Maloof und Jürgen Richter PPV Medien

A History of Marshall Michael Doyle Hal Leonard Pub Co.

 

 

Aus Gitarre & Bass Marshall Sonderheft 2012

Die neue Gitarre & Bass erscheint am Freitag, 24. Juli!

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G&B Cover

Gitarre & Bass 08/2015

Die G&B-Ausgabe 08/2015 steht in den Startlöchern – ab  Freitag, 24.07.2015 ist sie im Handel! Abonnenten lesen natürlich früher … wenn die Post nicht streikt.

Wir haben uns dem Thema Neue Wege im Gitarrenbau gewidmet – u.a. mit einem Artikel, der verschiedene neue Designs und Visionen vorstellt, einem Artikel über Ken Parker, einem Pionier und Visionär, sowie Testberichten von modernen Gitarren wie Relish Jane, Aristides Dutch Orange und Tao T-Bucket.

Weitere aktuelle Tests: Cort Matthew Belamy Signature, Danelectro Convertible, Cyan Hellraiser und Hellraise Baritone, Taylor und Ibanez Akustiks sowie Bässe von RockBass, Electrical Guitar Company, Basslab und Reverend, die der Super-Bassistin Meshell Ndegeocello einen Signature-Bass gebaut haben.

 

Inhaltsverzeichnis G&B 08/2015 inhalt0815

 

Marshall, Dr. Z, Fame, Blackstar und MusicMan haben Amps gebaut, die wir für Euch in dieser Ausgabe getestet haben. Und nicht weniger als 10 Tests von Effektpedalen, darunter der hoch gelobte Okko Black Beast, der hoch gelobte Polytune-Clip-Tuner von T.C. sowie ein Vergleichstest von drei exklusiven Verzerrern: BSM Supreme, MXR El Torino und Bender Germanicus.

Die Stories dieser Ausgabe beschreiben wieder einen weiten Bogen rund durch die Welt der Gitarrenmusik. Angefangen von Robben Ford, der auf die HR-Bigband traf, über Alex Beyrodt, der schon seit Jahren mit dem Classic-meets-Rock-Konzept auf Tour ist bis hin zu Steve Lukather, dessen aktuelles Live-Equipment wir unter die Lupe genommen haben. Und mehr!

Immer interessant: Das G&B-Classic-Interview – diesmal erfahren wir, was der damalige Guns-N’Roses-Superstar & -Gitarrist Slash uns 1992 alles erzählt hat.

Und wer schon immer mal wissen wollte, wie ein Kemper-Amp klingt, der hat die Chance, einen dieser Amps zu gewinnen!!!

Lest vorbei!

Marshall JCM 800-Serie

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Marshall Jcm 800 Werbung

Mit der JCM-800-Serie erklimmt Marshall
in den 80er Jahren den Rock-Olymp und
verpasst der explodierenden Rock-Musik
seine bis heute prägnante und unüberhörbare
Stimme. Hier der Centerfold des JCM-800-
Prospekts.

Als die JCM 800-Serie im März 1981 herauskam, brachte sie zunächst gar keine technischen Neuerungen. Nur den Look, die Optik, hatte man neu gestaltet. Insbesondere das über die ganze Länge durchgehende Bedien-Panel der Verstärker-Chassis prägte den drastischen Umbruch im Erscheinungsbild. 

Der Grund für die Maßnahme war, dass zwei Gegebenheiten ungünstig aufeinander trafen und so Marshalls Zukunft zu gefährden drohten. Denn just in dieser Zeit endete einerseits der Vertrag mit der Firma Rose-Morris, die 15 Jahre lang die Rechte für den weltweiten Vertrieb besaß. Andererseits hatte Rose-Morris noch reichlich Ware auf Lager, sodass Marshall Absatzprobleme bei neuen Partnern befürchten musste.

Marshall 2203 Lead

Sicher das meistverkaufte 100-Watt-Top der Welt:
der 2203 Lead

Mit dem genialen Schachzug, ein neues Design einzuführen, kam Marshall aus der Klemme, und Rose-Morris sah sich schlagartig zum „Altwarenhändler“ degradiert. Im ersten Jahr wies der Katalog exakt dieselben Modelle aus, die bis dato als JMP-MKIIModelle in der Produktion waren: Zwei Gitarren-Topteile ohne Master-Volume, 1959 und 1987, zwei mit MV, 2203 und 2204. Die Bass-Amps 1986 und 1992 kamen leicht revidiert mit aktiven Klangregelungen (semiparametrische Mitten) auf den Markt.

Die von den MV-Tops abgeleiteten Combos sahen insofern anders aus, als dass die Bedienungselemente nicht mehr oben, sondern vorne positioniert waren. Parallel dazu bekamen sie neue Modellbezeichnungen: 4010 (1×12″, 50 Watt), 4104 (2×12″, 50 Watt), 4103 (2×12″, 100 Watt). Als zwischenzeitlich der 2204 und 2203 bzw. die baugleichen Combos waagerecht statt senkrecht angeordnete Input-Buchsen bekamen, hatte sich entgegen anders lautender Gerüchte an der Technik prinzipiell gar nichts geändert.

 

Dreimal JCM 800

Dreimal JCM 800: 2204S Mini-Top,
100 Watt 1992 Bass-Top und 50 Watt
2204 Lead-Top

Die vorher frei verdrahteten Potis und Buchsen waren lediglich mit auf das Printboard verlegt worden. Erst 1982, ein Jahr nach der Einführung der JCM 800-Serie, leitete Marshall mit dem 50 Watt starken 1×12″-Combo, Typ 4210, eine innovative Wende im technischen Design ein. Dies war der erste Clean/Lead- Zweikanaler des Programms. Ergänzt wurde das Konzept durch einen Federhall und einen dahinter angeordneten seriellen Einschleifweg – für damalige Verhältnisse eine Art Quantensprung in die Moderne. Der Verstärkermarkt war indes allgemein im Umbruch, angestoßen durch einen „ominösen“ Amp namens Boogie, der Ende der 1970er- Jahre in aller Munde war.

JCM 800 Bass Series

1992 Bass-Top

Auch Fender folgte dem Ruf und ließ bekanntlich von Paul Rivera das gesamte Verstärkerprogramm überarbeiten; da konnte Marshall natürlich nicht hintenanstehen. Zwangsläufig folgten dem 4210 im Jahre 1983 zwei Topteile mit 50 und 100 Watt, die Modelle 2205 und 2210, die wahlweise auch als 2×12″-Combos erhältlich waren. Die Resonanz auf diese neuen JCM 800 war äußerst erfreulich, obwohl der Lead-Kanal einen deutlich anderen Charakter offenbarte, als man das bisher von Marshall gewöhnt war. Die Verzerrungen wurden hier nämlich mithilfe von Dioden erzeugt, was mehr Distortion-Intensität erlaubte, aber auch in einen harscheren Ton mündete.

Marshall 2203 Lead

2203 Lead-Top

Ein kleines technisches Problem wurde diese neue Amp- Serie nie ganz los: Zwischen den Kanälen bestand ein gegenseitiges Übersprechen und sie waren nicht ganz unabhängig voneinander regelbar. Die Musik entwickelte sich in den 80er-Jahren rasant, neue Stilistiken kamen auf, die Ansprüche der Gitarristen veränderten sich und wuchsen. Der schlichte Clean-Kanal war bald nicht mehr upto- date und der Ruf nach mehr Gain in den harten Rock-Genres erzwangen technisches Umdenken. Daher liefen fast alle JCM- 800-Modelle 1990 aus.

Nur der 1959-Superlead und sein kleiner Bruder, das Modell 1987, überdauerten noch ein weiteres Jahr, um dann aber auch aus der Palette gestrichen zu werden und erst viel später als Reissues wieder zum Leben zu erwachen. In der JCM 800-Ära erblickten weitere Modelle das Licht der Welt, die technisch keine Neuerungen brachten, aber unter der Überschrift „Limited Edition. Original-Classic“ in einem besonderen Look, mit grünem Vinyl, an die Sixties erinnern sollten. Den 2204 gab es inklusive passender Cabs sogar als Mini- Modell, also mit verkleinerten Gehäusen.

JCM 800 Fullstack

Ein Bild, dass die
Rock-Bühnen der Welt
bestimmt – ein JCM-
800-Fullstack

Etwas versteckt, von vielen kaum wahrgenommen, tauchte als Mitglied dieser Mini- Serie ein Amp-Top namens 3203 Artist auf. Ihm lag Hybrid-Technik zugrunde. Die per Fußschalter steuerbare Clean/Lead- Vorstufe basierte auf Transistortechnik, die Endstufe war mit zwei EL34 bestückt, angetrieben von einer ECC83 als Phasentreiber. Eigen im Sound, mit sehr ansprechender Distortion, Federhall, seriellem Einschleifweg, Line-Out, heute ein Geheimtipp. Was noch mehr für die 1×12″-Combo- Version gilt, dem 4203 Artist mit G12-Vintage- Speaker von Celestion. Ein anderer 1×12″-Combo aus der Zeit steigert schon seit längerem seinen Wert auf dem Vintage-Markt, der einkanalige 4001, auch bekannt als Studio-15 oder Little Fatty. Der erste und einzige Marshall mit 6V6- Endröhren, zwei an der Zahl. Was ihn besonders macht(e), ist das Post-Phase-Inverter-Master- Volume (das Michael Doyle in seinem Marshall- Buch irrtümlich als einen „Attenuator“ bezeichnet).

Übersicht

Dieses wurde auch bei einer Modellreihe eingebaut, mit der Marshall offensichtlich in Fenders Revieren wildern wollte. Cowboy-gestylt mit braunem („Leder“-) Tolex und dem Untertitel „Club and Country“ machten die beiden Combos aus ihrem Ziel auch gar keinen Hehl. Das Modell 4140 mit 2×12″“-Bestückung, der 4145 mit vier Celestion-Zehnzöllern, beide besaßen dasselbe Verstärkerchassis: Zwei Kanäle, Reverb, Boost, vier KT77 in der Endstufe, damals potentiell die neuen Könige des Clean. Mit dem 4150 gab es ergänzend einen 4×10-Basscombo, der sich fortschrittlich durch einen semiparametrischen Mitten- EQ und einen Kompressor auszeichnete. Der Vollständigkeit halber sei noch die 20th-Anniversary-Serie erwähnt, mit der Marshall 1982 das 20-jährige Bestehen des Unternehmens zelebrierte. Keine technischen Besonderheiten, ganz normale JCM 800- Modelle, allerdings schick gekleidet, in weißes Vinyl und schwarzen Frontstoff. (Näheres im entsprechenden Kapitel über die Anniversary-Amps).

1960ST-Box

Der Celestion G12T-75 in
einer 1960ST-Box.

Was vielfach nicht ins Bewusstsein dringt, bzw. in Publikationen wenig bis gar keine Erwähnung findet, ist die Artenvielfalt der Cabinets in der JCM 800-Ära. Neben den typischen drei Bauformen 1×12, 2×12 und 4×12 gab es ab 1984 auch 4×10″-Boxen als Mini- Stack. Noch nichts besonderes, aber in der Zeit bereicherten neue Celestions das Angebot. Schon 1979 gab es die ersten 4×12 mit dem G12-65, einem exzellenten Lautsprecher, der einen vollen musikalischen Ton ohne aggressive Schärfe produzierte. Im Jahre 1982 kam der tendenziell nüchtern-lineare G12-H100 hinzu, der eine 4×12″-Box mit satten 400 Watt belastbar machte. Ein Jahr später wurde auch der G12-M70 verbaut. Erst 1986 tauchte der legendäre G12- T75 auf, der Rocker schlechthin, dem man übrigens zu Unrecht immer wieder einen besonders „fiesen“ Sound nachsagt. Er wurde auch in Marshalls erstem stereo/mono umschaltbaren 4×12″-Modell verwendet, der nur als „Straight-Version“ erhältlichen 1960ST.

Mehr zur Thema Marshall JCM 800 und anderen Marshall Amps findest du in unserer Marshall Sonderausgabe: http://musik-media-shop.de/marshall-sonderausgabe

 

Aus Gitarre & Bass Marshall Sonderheft 2012

 

MARSHALL JVM410H im Test

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Marshall JVM410H

Der JVM 410H ist der wohl aufwendigste Marshall, der jemals gebaut wurde. Mit dem neuesten Konzept eines vierkanaligen Amps mit insgesamt 12 Sounds liefert der englische Hersteller seinen starken Beitrag zum Bau moderner Vollröhrenverstärker ab und hat damit ein High-Tech-Topteil am Start.  

Außerdem läutet dieser Verstärker eine neue Generation im Hause Marshall ein. Standen früher die Bezeichnung JTM für die James Terry Marshall (die Initialen von Jim Marshall und seinem Sohn), so ist nun die Tochter Victoria Marshall, die seit einiger Zeit an der Seite ihres Vaters die Geschäfte bei Marshall leitet, nun in der Namensgebung JVM manifestiert. Der neue JVM410H lässt sich ganz nach Geschmack mit beliebigen Fullsize- Cabinets der Marshall-Modellpalette kombinieren. Wahlweise kann sich der Kunde zudem auch für die 2×12-Combo Variante JVM410C entscheiden. Aber Obacht, da sind Muckis gefragt, der Combo ist fast 35 Kilogramm schwer.     

Mal eben abzählen: 24 Potis befinden sich an der Front-Platte. Na na, davon werden wir uns doch nicht abschrecken lassen?! Vier Kanäle, alle gleich konzipiert mit Gain, Treble, Middle, Bass und Volume, bleiben nur noch acht Regler. Vier davon sind für die individuelle Zumischung des Halleffekts in jedem Kanal zuständig, dazu zwei Master-Volumes, Resonance und Presence, Ende, das war’s. Also, alles halb so wild. Für die Anwahl der Kanäle finden sich neben den Gain-Reglern große schwarze Taster mit integrierter LED. Achtung, das sind nicht nur schnöde Einschaltelemente. Hier lauern versteckte Qualitäten. Jeder Kanal verfügt nämlich über drei Sound-Modes, die der Reihe nach durch mehrmaliges Drücken der Taster aufgerufen werden und sich im Gain-Niveau sowie dem Grund- Sound unterscheiden.

Worum es in etwa geht, verdeutlichen aber schon die Bezeichnungen der Kanäle: Clean, Crunch, Overdrive-1 und Overdrive-2. An der Rückseite hält der JVM410H zum Einschleifen von Effektgeräten einen FX-Weg bereit. Sein Arbeitspegel ist umschaltbar (–10/+4 dB) und das Dry/Wet- Mischungsverhältnis lässt sich über ein versenkt angebrachtes Poti frei wählen. Damit ist der Einschleifweg sowohl parallel als auch seriell nutzbar. Dahinter angeordnet im Signalweg gibt es einen zweiten seriellen Einschleifpunkt (Power-Amp-Insert), der mit einem Druckschalter ein-/ausgeschaltet werden kann.

Wer ein D.I.-Signal braucht, wird sich über den als XLR-Ausgang ausgeführten Emulated-Line-Out freuen. Er greift die Signale vor den Master-Volumes ab: bearbeitet mit einer Lautsprecher-Simulation und elektronisch symmetriert. Zum Anschluss des mitgelieferten Schaltpedal findet sich an der Amp-Rückseite eine normale Mono-Klinkenbuchse. MIDI-In und – Thru verraten, dass der JVM Einstellungen abspeichert, auf 128 Programmplätzen. Die fünf Lautsprecherbuchsen sind wie bei Marshall üblich mit roten Muttern gekennzeichnet und bieten alle gängigen Abschlussimpedanzen (1×16, 2×8, 2×4 Ohm).

Zurück zu den Vorstufenkanälen und ihrer Konzeption. Marshall gibt zum Clean- Kanal an, dass hier die Klangregelung weit vorne vor der Haupt-Gain-Stufe im Signalweg platziert ist. Damit wandeln die Engländer quasi auf Fender-Twin-Pfaden, natürlich um dem Amp optimale Clean- Eigenschaften anzuerziehen. Und weist selbst darauf hin, dass dies in Bezug auf die eigene Historie ungewöhnlich ist, denn die traditionelle Bauweise basiert auf dem Gegenteil, einer Tonfilterstufe weit hinten, direkt vor dem Phasentreiber, so wie es auch weiterhin in den Crunch- und Overdrive-Kanälen gemacht wird. Die Gain- Modes des Clean-Kanals sind (wie auch in den übrigen Kanälen) von schwach bis heiß dadurch gekennzeichnet, dass die LED grün, orange oder rot leuchtet. Im Grün- Status ist der Signalweg des Clean-Kanals so kurz gehalten, dass nicht einmal das Volume-Poti in Betrieb ist.

Crunch-Kanal. Der Green-Mode gleicht der Preamp-Technik des JTM45/1959-Plexis, allerdings mit einem Schubs mehr Gain. Der Orange-Mode tritt an den JCM- 800/2203 nachzubilden, Red genauso, aber mit intensiverer Gain-Struktur. Overdrive-1. Die erste Gain-Stufe greift den Sound von Crunch-Red auf, damit man die Möglichkeit hat diesen Grund-Sound in zwei Variationen zu benutzen. Im ODOrange- Preset wird dem eine weitere Verstärkungsstufe hinzugefügt. Im Red-Modus werden die Verzerrungen durch Zuschalten noch einer Gain-Stufe maximal ausgereizt.

Gain Stages

Overdrive-2. Dieser Kanal entspricht funktional dem OD-1, nur ist hier die Ansatzfrequenz des Mittenreglers tiefer gelegt (500 Hz statt 650 Hz), was den Grund-Sound dieser Sektion eine andere Note verleiht. Puristen dürfen sich freuen: Der JVM ist bei aller Komplexität der Technik im Signalweg ein reinrassiger Röhren-Amp, klanglich kritische Umschaltvorgänge erfolgen via Relais. Selbst der von einer digitalen Einheit erzeugte Hall wird dem Dry-Signal nur zugemischt und dies obendrein wieder über eine Röhrenstufe. Nur in der MIDI-Sektion und dem Schaltkreis des Line-Out finden sich Halbleiter-Bauelemente.

In der Vorstufe und als Phasentreiber ist die gute alte ECC83 am Start, in der Endstufe, die technisch weitestgehendst den Marshall- Urahnen 2203 und 1959 entspricht, natürlich vier Stück EL 34. Marshall hat reichlich Erfahrung, kostengünstig auf hohem Qualitäsniveau zu fertigen, was man dem Aufbau des JVM ansieht. Zwei große Platinen, eine senkrecht hinter der Front-Platte, die andere flach im Chassis, die offensichtlich hochprofessionell von Maschinen bestückt werden, exzellente Verarbeitung im Allgemeinen, z. B. Trafos (vom Lieferanten Dagnall), die auch innen durch Stehbleche von der übrigen Elektrik abgeschirmt sind, alles vermittelt einen supersoliden Eindruck.

Der Service-Freundlichkeit werden einerseits die Steckverbindungen zwischen den Baugruppen gerecht. Zum anderen ist der Amp schon bestens auf den Bias-Abgleich der Endröhren vorbereitet, indem neben den beiden Bias-Trimmern eine dreipolige Kontaktleiste für die Messung zur Verfügung steht. So ähnlich kann man das auch beim TSL100 sehen, nur kommt man bei dem schon nach Abnehmen der Rückwand an diese Bauteile heran (wer weiß, vielleicht haben da zu viele Nutzer unwissend Schaden angerichtet, sodass deswegen Marshall das Ganze diesmal ins Innere des Amps verlagert hat). Mechanisch gibt es zum JVM nicht besonderes zu berichten. Er entspricht der langjährig bei Marshall bewährten Konstruktionsweise, inklusive Shock-Absorber-Füssen, Lüftungsgitter an der Oberseite und diesmal schwarz lackierter Lochblech-Rückwand.

Rückseite

Die Speicherfähigkeit des JVM bezieht sich allein auf die Schaltfunktionen. Um diese sinnvoll fernzubedienen, reicht in der Tat schon das mitgelieferte Fußpedal. Das Gehäuse ist an der Oberseite leicht pultförmig abgeschrägt, aus Metall gefertigt und damit superstabil. Es sind sechs Taster eingebaut. Um sie kennzeichnen zu können befinden sich unterhalb von ihnen weiß lackierte Flächen, die sich mit einem Marker o. ä. beschriften lassen. Rechts oben sind eine Reihe von LEDs angebracht, die die Anzeigen auf der Front-Platte duplizieren, inklusive der unterschiedlichen Gain-Mode- Farben. Diese korrespondieren stets mit den LEDs der Frontplatte und dienen zur Kontrolle beim Programmieren des Fußschalters. Auf einer satt ausgeleuchteten Bühne sind die LED-Anzeigen nur schwer zu erkennen, aber da wird man wohl auch kaum programmieren. Als Verbindung zum Amp reichen simple zweiadrige Leitungen, die nicht abgeschirmt sein müssen, da ja nur Steuersignale transportiert werden müssen. Feine Sache, weil im Falle eines Defekts des normalen Anschlusskabels jedwedes Mono-Klinkenkabel als Ersatz zum Einsatz kommen darf.

Das mitgelieferte Kabel ist mit knapp fünf Metern Länge für kleinere Bühnen ausreichend dimensioniert. Das Fußpedal lässt die Wahl zwischen den zwei Funktionsarten Switch-Store und Preset-Store. Zum einen können einfach sechs der Front-Platten-Umschaltfunktionen ausgewählt und gesteuert werden (Switch- Store-Mode). Oder man benutzt das Fußpedal, um beliebige sechs Preset-Einstellungen abzurufen (Preset-Store-Mode). Wie man das programmiert? Simpel, man justiert Sound und Schalter am Amp und hält dann den gewünschten Fußtaster ca. drei Sekunden gedrückt, bis am Pedal die LED-Anzeige flackert, fertig. Die MIDI-Programmierung geht genauso einfach vonstatten. Man wählt am Taster Footswitch/MIDI-Program die MIDI-Waiting- Mode (2x drücken, LED blinkt) und sendet dann einen Program-Change-Befehl. Das im Moment aktive Amp-Setting ist damit bereits auf dem betreffenden Speicherplatz verzeichnet. In ähnlicher Weise erkennt der JVM, auf welchen MIDI-Kanal er reagieren soll (Werkseinstellung ist Kanal #1). Bedienerfreundlicher geht es wohl kaum.

Das ausführliche und praxisdienlich verfasste deutschsprachige Handbuch lässt einen Aspekt der Fernsteuerung nicht richtig zur Geltung kommen: Wenn man mit der Switch-Store-Mode arbeitet, ist es nämlich möglich jeden der Kanal-Modes (grün, gelb, rot) anzusprechen, einfach durch mehrmaliges Drücken des betreffenden (Kanal-) Fußtasters. Hierbei zeigt sich, dass die Mode-Anwahl Dreh und Angelpunkt der Speicherung ist. Die Memory- Einheit merkt sich nämlich zu jeder Mode/Betriebsart den dort zuletzt gewählten Status des Reverb, des FX-Wegs und der Master-1/-2-Umschaltung. Also könnte z. B. der Clean-Channel in Position Grün mit Hall und Master-1 laufen, in Position Gelb mit aktiviertem FX-Weg und Master-2, Rot ganz ohne Effekte, das alles wechselweise aktivierbar mit nur einem Fußtaster.

Bedienelemente

 

Man muss nur eines berücksichtigen: Der JVM kehrt immer in den zuletzt gewählten Modus eines Kanals zurück, sprich es braucht bei dieser Art des Abrufs unter Umständen drei Fußtritte um zum Ziel zu gelangen. Nämlich wenn vorher ein anderer Kanal aktiv ist. Aber ist doch toll, dass das allein schon mit dem Pedal geht. Natürlich ist die Steuerung via MIDI komfortabler, weil eine große Anzahl von Presets/Voreinstellungen direkt abgerufen werden können, insgesamt stehen 128 Speicherplätze für die Relaiskonfigurationen zur Verfügung. Das Schöne an der Schaltmimik ist auch, dass die MIDI-Steuerung und das Pedal parallel genutzt werden können. Dann hat man es wirklich superbequem. Außerdem ist es ja auch nicht zu verachten, eine Backup- Lösung parat zu haben, falls der MIDIController einmal den Dienst versagt. Die Programmierung bleibt übrigens immer im Fußschalter gespeichert, sodass selbst an einem „fremden“ JVM die eigenen Presets zur Verfügung stehen.    

 

 

Opeth im Interview

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Opeth Bandfoto 1

Für viele Prog-Rock-Fans ist das neue Opeth-Album ,Pale Communion‘ eines der besten Veröffentlichungen der zurückliegenden 40 Jahre. Ein Wunderwerk voller Tiefgang, Vielschichtigkeit, gespickt mit klassischen Zitaten und unglaublich eindringlicher Melancholie, die vor allem im finalen Track ,Faith In Others‘ kulminiert. Dieses Album ist deshalb so ungewöhnlich, weil es von einer Band stammt, die bis vor wenigen Jahren noch derben Metal zelebriert und sich erst ab ,Watershed‘ (2008) in erstaunlichem Tempo zu einer traditionellen Progressive-Rock-Gruppe gewandelt hat.

Neben dem herausragenden Songwriting von Opeth-Boss Mikael Åkerfeldt begeistert vor allem die geschmackvolle Kombination aus Orgel/Mellotron-Klängen und einer bis ins Detail ausgefeilten Gitarrenarbeit, die von Åkerfeldt und Fredrik Åkesson übernommen wird. Wir trafen uns bei einem Opeth-Konzert im Hamburger Club Große Freiheit 36 Anfang November mit den Beteiligten, schauten uns ihr sorgsam zusammengestelltes Equipment an und unterhielten uns anschließend mit Fredrik Åkesson über ein Album, das schon jetzt Geschichte geschrieben hat.

Fredrik, ,Pale Communion‘ klingt unglaublich komplex, ist toll produziert und geradezu perfekt gemischt. Kannst du ein paar Sätze zu deiner Rolle in dieser glänzenden Produktion erzählen?

Opeth: Gerne. Für mich als Lead-Gitarrist von Opeth bestand die größte Herausforderung natürlich darin, zu den vielschichtigen Songs die passenden Soli beizusteuern. Soli, die das betreffende Stück unterstützen, gleichzeitig aber auch virtuos und mit Shredding-Anteilen ausgestattet sind. Ich wollte unbedingt eine ausgewogene Balance zwischen Musikalität und Technik finden. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Zeit mit der Ausarbeitung eines Solos verbracht wie etwa bei dem Stück ,Moon Above, Sun Below‘. Einen kompletten Monat lang experimentierte ich mit den unterschiedlichsten Möglichkeiten.

Normalerweise tendiere ich dazu, die Soli zu improvisieren und einfach meiner momentanen Stimmung Ausdruck zu verleihen. Aber bei ,Moon Above, Sun Below‘ war dies grundlegend anders. Das Solo von ,Cusp Of Eternity‘ war dagegen von Anfang bis Ende eine reine Improvisation. Ich fuhr einfach ins Studio und spielte das, was mir einfiel. Das Problem mit allzu detaillierten Demos ist, dass man sich an diese Version gewöhnt und sie im Studio dann nur noch reproduziert. Bei der eigentlichen Recording-Session sollte man ja eigentlich versuchen, eine noch bessere Version aufzunehmen. Manchmal musste ich mir etwas neu aneignen, was ich bereits auf den Demos gespielt hatte, weil es improvisiert war und ich teilweise selbst nicht mehr genau wusste, was ich da gespielt hatte.

Letztendlich hat es aber ja glänzend funktioniert.

Opeth: Stimmt, es war aber nicht immer einfach. Die Akustikgitarren-Parts von Mikael hatten es wirklich in sich. Sie zu lernen war harte Arbeit, denn diese Fingerpicking-Stile sind mitunter ziemlich komplex. Aber mittlerweile spiele ich schon seit acht Jahren mit Mikael, dadurch kenne ich seine Eigenarten natürlich besser und habe mich darauf eingestellt.

Michael Åkerfelds Rack Marshalls Marshall Boxen Iso-Box

Wodurch die Aufenthaltsdauer im Tonstudio vermutlich deutlich gesenkt werden konnte, oder?

Opeth: Ja, das war so, dafür wurde in den ,Rockfield Studios‘ in Wales aber sehr viel Zeit für einen A/B-Vergleich zwischen unterschiedlichen Gitarrenverstärkern und Boxen verwendet. Es gab fünf verschiedene Amps: einen Marshall Yngwie Malmsteen Plexi 100, einen Bluetone Handwire für die cleanen Sounds, dazu den JVM Joe Satriani, einen Marshall Vintage Modern und einen 50 Watt JCM- 800-Combo, den Angus Young auf ,Back In Black‘ und Zakk Wylde auf ,No Rest For The Wicked‘ gespielt haben. Am Ende blieben dann aber nur der auf 50 Watt abgesenkte Plexi-Marshall in Verbindung mit einem P90- Pickup und drei verschiedenen Mikrofonen an der Box übrig.

Welcher Sound schwebte dir genau vor?

Opeth: Auf ,Heritage‘ hatte ich bei den harten Rhythmen eher einen Singlecoil-Ton, dieses Mal wollten wir einen etwas fleischigeren Humbucker-Ton. Auf den meisten Songs hört man – bezüglich der harten Rhythmen – mich mit einem P90 auf der rechten Seite und Mikael mit einem regulären PAF-Humbucker auf der linken Seite. Die P90 sind klanglich ja irgendwo in der Mitte zwischen Singlecoil und Humbucker angesiedelt. Es hat wunderbar funktioniert, weil wir diesmal kein Metal-Album veröffentlichen wollten, sondern uns stärker an Hardrock-Sounds orientiert haben.

Mikael Åkerfeldt live Fredrik Åkesson live Martin Mendez

Wie viel Zeit hat die neue Scheibe insgesamt in Anspruch genommen?

Opeth: Die Aufnahmen selbst waren relativ schnell im Kasten, aber die Vorbereitungen und die Sound-Suche mit dem Toningenieur Tom Dalgety waren lang und intensiv. Es war eine interessante und sehr inspirierende Suche, denn obwohl Tom erst 28 Jahre alt ist, kennt er sich unglaublich gut aus. Wir sprachen oft über den typischen Michael-Schenker-Ton als Referenz. Die eigentlichen Aufnahmen aller Rhythmusgitarren dauerten dann nur noch einen einzigen Tag – übrigens für Mikael und mich zusammen.

Erstaunlich schnell!

Opeth: Die Akustikgitarren nahmen dann noch einmal weitere anderthalb Tage in Anspruch. Für die Recordings nahmen wir übrigens wie schon auf ,Heritage‘ eine Kombination aus der normalen sechssaitigen PRS Angelus, die im Studio brillant klang, und einer Taylor in Nashville-Tuning, die perfekt dazu passte und einen wunderbar breiten Sound erzeugte. Für die Soli wurden dann noch einmal zwei weitere Tage angesetzt.

Prs Gitarre 2 PRS Gitarren

Klingt nach einer insgesamt sehr sorgsamen Vorbereitung.

Opeth: Ich traf mich vorher zweimal mit Mikael und wir gingen alle Riffs und Hooks durch. Martin Mendez und Martin Axenrot, also Bassist und Schlagzeuger, probten zusammen etwa eine Woche lang, wir anderen bereiteten uns zu Hause auf die Recording-Session vor. Mein Trick, um alles zu behalten: Ich filme bei meinen Treffen mit Mikael die einzelnen Parts, auf die wir uns vorbereiten wollen, sodass ich zu Hause in meinem kleinen Homestudio immer nachschauen kann, wenn mir etwas entfallen ist. Ich habe den Vorteil, dass ich neue Sachen sehr schnell lerne, anschließend geht es dann nur noch darum, sich an die Details zu erinnern. Das ist allerdings auch notwendig, denn auf der Bühne übernehme ich noch weitere Parts, die Mikael im Studio eingespielt hat, weil er sich in den Konzerten stärker auf den Gesang konzentrieren muss.

Gab es im Studio spontane Aktionen, auf die du nicht vorbereitet warst?

Opeth: Im Großen und Ganzen nicht, allerdings haben wir im Studio intensiv mit dem Supa Puss Analog Echo-Effektgerät von Way Huge experimentiert, um einige schöne Feedback- Effekte zu bekommen, die man an mehreren Stellen auf dem Album hören kann. Ich habe einfach den Gain-Regler auf der Repeat- Funktion verändert, dadurch entwickelte der Distortion-Sound ein Eigenleben − sehr psychedelisch.

Opeth Live

Deine Effektpedale haben sich im Vergleich zur ,Heritage‘-Tour sichtbar verändert.

Opeth: Stimmt, die größte Änderung ist, dass ich jetzt ein Fractal Audio Ultra Axe FX II im Rack habe, das ich für spezielle Delays und Echos einsetze. Dazu kommt ein Expression-Pedal, um zwischen den Songs kleine Feedbacks für bestimmte Atmosphären erzeugen zu können. Allerdings nehme ich das Expression- Pedal mitunter auch für Soli oder Lead-Parts, um kleine Variationen zu bekommen.

Außerdem habe ich zum Beispiel den neuen MXR Plexi Booster für die Soli hinzugefügt. Ich testete ihn im Proberaum und merkte, dass er den Parts mehr Bottom und mehr Juice gibt. Das macht beim Spielen sehr viel Spaß und erleichtert es mir, die richtige Stimmung zu treffen. Neu ist auch ein Compression-Pedal, das ich allerdings nur einmal bei einem Picking-Part verwende. Dann gibt es jetzt ein Boss Octaver- Pedal, das braune aus den Achtzigern, das ich bei ,The Moor‘ spiele. Für die cleanen Sounds nehme ich ein Reverb, manchmal mit etwas Delay. Wichtig sind auch die Lehle-Pedale für die MIDI-Kontrolle.

Brandneu und sozusagen noch in der Erprobungsphase ist die Isolation-Box von Box Of Doom, die – wenn ich es richtig verstanden habe – vorgestern in Holland von dir und heute in Hamburg von Mikael getestet wird.

Opeth: Wir hatten ein Treffen mit Sylvester Vogelenzang de Jong von Box Of Doom und ich machte gleich abends beim Konzert in der Amsterdamer Heineken Hall einen A/B-Test. Das Ding ist super, denn man kann innerhalb einer Minute den Speaker austauschen. Wenn du also einen Green- Back-Speaker gegen einen Vintage-30 wechseln willst, geht das ruckzuck. Ich habe die Box mit drei verschiedenen Lautsprechern ausprobiert und mich dann für den Green- Back entschieden. Ich stand vorne am Bühnenrand und verglich meine 4x12er-Box mit der Isolation-Box: Der Unterschied war in meinen Ohren riesengroß, denn alles war viel klarer, viel druckvoller, wärmer und mit deutlich weniger grellen, zischelnden Höhen.

Effekte 1 Pedalboard bass pedal board opeth Pedalboard 1 Pedalboard 2

 

Und eben konstant und berechenbar, denn während sich sonst jeden Abend der Gitarren-Sound durch die unterschiedlichen Räumlichkeiten verändert, hat man mit dieser Isolation-Box einen immer gleichen Grund-Sound. Vorsichtshalber wurde gestern auch noch meine 4x12er-Box mikrofoniert, sodass ich den direkten A/B-Vergleich hatte und zusätzlich jederzeit hätte wechseln können, wenn ich unzufrieden gewesen wäre. Ich denke, dass wir demnächst eine zweite Isolation-Box für Mikael anfordern werden, vermutlich sogar eine dritte für den Bass. Es hilft sowohl dem FOH-Sound als auch unserem In-Ear-Sound. Es scheint, als ob wir auf dieser Tour hinsichtlich eines professionellen Equipments einen großen Schritt vorwärts machen.

Was war vor acht Jahren, als du in die Band kamst, anders als heute?

Opeth: Die gesamte Band war vor acht Jahren eine andere, musikalisch, aber auch in Bezug auf die generelle Stimmung. Für mich war es damals eine riesige Herausforderung, mich mit Mikaels Stil auseinanderzusetzen, ihn zu verstehen und zu ergänzen. Mikael hat bei Riffs ein ganz eigenes Rhythmusgefühl, er ist fast immer auf dem Backbeat oder auf einem Beat, der einem zunächst komisch vorkommt. Auch zählt er mitunter völlig anders als ich. Die Musik hat sich seit dem Album ,Watershed‘ mit seinen Death-Metal-Anteilen natürlich stark verändert, heute machen wir mehr oder minder traditionellen Progressive Rock.

Gefällt dir das?

Opeth: Ich mag beides. Und da wir auf der Bühne eine Menge älterer Stücke spielen, bekomme ich immer meine gewünschte Dosis an Metal. Ich bin beeindruckt, dass wir tatsächlich den Mut zu diesem radikalen Wechsel hatten. Für Mikael als unseren Haupt- Songschreiber ist die völlige künstlerische Freiheit von allergrößter Bedeutung. Er hasst es, wenn man ihm versucht zu erzählen, was er zu tun und zu lassen hat. Er muss seinen Visionen folgen können. Ich muss zugeben, dass ich mich an den Wechsel von ,Watershed‘ zu ,Heritage‘ erst gewöhnen musste, zumal ich mir Sorgen machte, ob es angenommen wird. Gleichzeitig bin ich aber sehr stolz, dass es irgendwie auch eine Art ,Metal- Haltung‘ war, den Mut zu haben, ein solches Album zu veröffentlichen.

Fender bass box 8x10

Die Fender 8x10er Bass-Box

Gab es negative Reaktionen seitens der Fans?

Opeth: Natürlich haben sich manche beschwert, zumal auch jetzt noch die Grundlage unserer Anhängerschaft aus dem Metal zu stammen scheint. Aber wie auch wir, sind unsere Fans ebenfalls älter geworden und haben heute einen größeren Horizont als zu Zeiten des Opeth-Debüts. Grundsätzlich haben Opeth eine sehr breit gefächerte Zielgruppe, ich würde sagen: von 18 bis 80. Aber für uns ist es natürlich trotzdem eine spannende Reise, in der es allein in den acht Jahren, in denen ich nun dabei bin, unglaublich viel zu erleben gab. Ich mag das, ich spiele sehr gerne mit der Band, eben weil sich die Musik aus so vielen verschiedenen Zutaten zusammensetzt. Für einen Gitarristen öffnen sich dadurch immer wieder neue Möglichkeiten.

Letzte Frage: Wie sieht deine Zukunftsplanung aus?

Opeth: Im Dezember touren wir drei Wochen mit In Flames in Amerika, im Januar ist Pause, dann folgt eine weitere US-Tour plus Südamerika, Australien und Japan, und dann beginnt ja schon die Festival-Saison.

Du wirst also keine Zeit für dein Nebenprojekt Krux haben?

Opeth: Vermutlich nicht, denn Mats (Levén, der Krux-Sänger) hat ja momentan wegen Candlemass auch keine Zeit. Ich habe ein Solo auf dem neuen Bloodbath-Album gespielt, allerdings aus vertraglichen Gründen nicht unter meinem richtigen Namen. Es hätte zu lange gedauert, bis ich die Freigabe bekommen hätte. Ansonsten nehme ich Ideen auf, um sie vielleicht eines Tages als Solo-Gitarrenalbum zu veröffentlichen. Zuerst dachte ich, eine reine Instrumentalscheibe zu produzieren, aber ich singe zunehmend mehr bei Opeth, also warum sollte es nicht auch bei meinen eigenen Songs funktionieren? Ich bin selbst ziemlich gespannt, was sich daraus mal entwickelt.

Ich wünsche dir alles Gute dabei, und vielen Dank fürs Gespräch.  

Zu Besuch bei Dr. Jim Marshall

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Jim Marshall sorgt seit 1962 für einen himmlischen Gitarren- Sound, Seite an Seite mit etlichen Protagonisten, die seine Vision eines guten Gitarren-Amps um die Welt trugen und unsterblich gemacht haben: Jimi Hendrix, Randy Rhoads, Gary Moore, Duane Allman, John Entwistle – to name a few. Autor Udo Pipper hatte die Gelegenheit, Jim Marshall noch zu dessen Lebzeiten in seinem Haus zu besuchen – für ihn ein unvergessliches Erlebnis. Obwohl dieses Interview schon 17 Jahre zurück liegt, zeigt es auf beeindruckende Art und Weise, wie dieser kleine Mann den großen Rock-Sound schuf.    

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Es ist Spätsommer 1998. Jim Marshall hat gerade seinen 75. Geburtstag gefeiert. Aus seinem Unternehmen hatte er sich damals schon fast ganz zurückgezogen und seine Mitarbeit auf größtenteils repräsentative Aufgaben beschränkt. Dennoch ist er noch viel beschäftigt und seine Zeit knapp bemessen. Uns bleiben nur eine Stunde für ein Interview in seinem Lieblingsrestaurant in Milton Keynes Selbst am Londoner Flughafen Heathrow, wo man Vieles gewohnt ist, erregt die überlange Luxuslimousine, die am Terminal 1 auf uns wartet, einiges an Aufsehen. Der Chauffeur verstaut das Gepäck und hält höflich die Türen auf. Für einen kleinen Moment dürfen Uwe Halbe (Marshall- Produkt-Manager bei Musik Meyer) und ich uns wie Popstars auf dem Weg zur Royal Albert Hall fühlen. Der Zielort ist aber ein ganz anderer.

Wir fahren nach Milton Keynes in die Denbigh Road. Hier fertigt Jim Marshall seit 36 Jahren die berühmtesten Rock-’n’-Roll-Amps der Welt. Kaum fallen die schweren Volvo-Türen ins Schloss, entschwebt der imposante Rechtslenker mit dem treffenden Kennzeichen EL34 auf die Autobahn M25 Richtung Norden. Der Chauffeur gibt uns während der Fahrt freundlich Auskunft über unsere Vorgänger auf den ausladenden Rücksitzen: Slash, Eric Clapton, Eddie van Halen und Gary Moore, um nur einige Namen zu nennen. Nach einer guten Stunde erreichen wir die Marshall-Factory im weitläufigen Gewerbegebiet von Milton Keynes.

Hier herrscht Aufregung! Wir sind eine halbe Stunde zu spät. Eine Tatsache, die den extrem engen Zeitplan von Mr. Marshall „unangenehm“ durcheinander bringt. Der mittlerweile betagte Workaholic denkt längst noch nicht daran, sich in den wohl verdienten Ruhestand zurückzuziehen. Das Geschäft mit den schwarzen Stacks ist einfach noch zu spannend. Hinter dem imposanten Foyer öffnen sich riesige Produktionshallen, erfüllt von lauter Rock-Musik aus zahlreich verteilten Lautsprechern.

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Die Atmosphäre ist geprägt von vornehmer englischer Höflichkeit, denn schon kurz nach unserer Ankunft stehen Chef-Ingenieur Steve Grindrod und der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Steve Yelding, bereit, um uns durch die heiligen Hallen zu führen. Hier wird alles gefertigt, was den Namen Marshall trägt. Gerade dröhnt aus den Deckenlautsprechern ein Bon-Jovi-Song. Überall türmen sich in systematischer Ordnung Bauteile, unbestückte Amp-Chassis, Trafos, Röhren und Lautsprecher. Mit selbstkritischer Zurückhaltung erklärt man uns die Vorzüge des aktuellen Produktionssystems, welches die bestmögliche Qualitätskontrolle gewährleisten soll. Mit größtem Einsatz wolle man die gefürchteten Retouren von Händlern vermeiden. Sämtliche Bauteile werden mit Kenndaten versehen, um die exakte Herkunft eventueller Fehler nachvollziehen zu können. Die Führung endet schließlich im sorgsam gepflegten Marshall-Museum, in dem die gesamte Produktionsgeschichte dokumentiert wird. Neben seltenen roten und weißen Stacks sind auch einige Sonderanfertigungen zu sehen. 36 Jahre Amp-Geschichte in einem Raum!

Besonders stolz ist man auf den „Number One“, den ersten jemals gefertigten Marshall JTM 45 von 1962. Für sehr viel Geld konnte das Chassis, das nie ein Gehäuse besaß, vor einigen Jahren zurückgekauft werden. Auch einige Exemplare von Sammlern wie Aspen Pittman ruhen mittlerweile wieder in der alten Heimat. Gleich darauf steuern wir in der Stretch-Limo Richtung „Bluesbreaker House“, dem fast bescheiden wirkenden Bungalow des Firmengründers. Hier erwartet uns Jim Marshall und steigt nach freundlicher Begrüssung zu. In seinem Stammlokal „Swan“ erwartet man uns bereits. Auch hier weiß man, dass der berühmte Firmenchef großen Wert auf Pünktlichkeit legt. Am reservierten Stammtisch werden Speisekarten gereicht.

Jim Marshall sitzt direkt neben mir, vergewissert sich offensichtlich zunächst meiner Umgangsformen und flüstert schließlich mit auffallend leiser Stimme: „The duck is delicious!“ Er lächelt und verlangt von mir die Speisekarte in der sicheren Annahme zurück, dass ich seinem Rat folge. Das tue ich auch, denn wer würde dem bescheidenen, aber mit einer umso größeren Ausstrahlung ausgestatteten Gentlemen widersprechen? Natürlich folgen auch alle anderen Anwesenden diesem Rat. Während wir auf das Essen warten, fordert er mich auf, mit dem Interview zu beginnen: „Stellen Sie bitte ihre Fragen. Wir haben nicht viel Zeit.“

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Wie kamen Sie dazu, Verstärker zu bauen?

Jim Marshall: In den 50er-Jahren war ich Entertainer, Sänger und Stepptänzer. Später ersetzte ich einen erkrankten Kollegen an den Drums und bin dabei geblieben. Sie sehen also, Verstärker sind eigentlich gar nicht mein Metier. Wenn Sie technische Fragen zu den Verstärkern haben, fragen Sie lieber Steve Grindrod. Der kennt sich da besser aus. Nachdem ich die Drums einigermaßen beherrschte, wollte ich meinen Lebensunterhalt als Schlagzeuglehrer verdienen. Ich hatte bald viele gute Schüler, darunter auch Mitch Mitchell, den ich später mit Jimi Hendrix zusammenbrachte. Ich besorgte damals meinen Schülern auch die Drum-Kits und das ganze Zubehör, da man das noch nicht wie heute an jeder Straßenecke kaufen konnte. Daraus entwickelte sich schließlich ein kleines Musikgeschäft, in dem ich irgendwann auch Gitarren und Verstärker verkaufte.

Das war etwa im Juli 1960. Ab 1962 kam dann Ken Bran dazu, ein fähiger Service-Techniker, der die Reparaturen für mich erledigte. Wir führten damals Amps von Fender und Selmer, die wir leider sehr teuer einkaufen mussten. Eines Tages kam Ken auf die Idee, eigene Amps zu produzieren, um den Preis niedrig zu halten. Und das war dann die Geburtsstunde der Marshall- Amps. Ja! Ich war zunächst skeptisch und sagte zu Ken: ,OK, probier das mal aus. Ich höre mir das Ergebnis dann erstmal an.‘ Mir schwebte nämlich vor, einen richtigen Lead- Amp mit genügend Lautstärke, Dynamik und Distortion zu kreieren. Die Gehäuse baute ich damals noch selbst, während Ken zusammen mit einem jungen Ingenieur namens Dudley Craven die Schaltung entwickelte.

Ich dachte, Sie hätten zunächst den Fender Bassman kopiert.

Jim Marshall: Im Prinzip stimmt das auch. Meine Kunden waren damals vor allem Fans der Fender- Amps. Die waren aber zu teuer und zu clean. Wir wollten einen heißeren Amp. Der Bassman war der einzige Amp, der richtig viel Gain besaß. Wir wollten den Sound aber noch aggressiver und markanter machen. Also fingen wir an, mit dieser Schaltung zu experimentieren. Und so entstand im September 1962 der erste JTM-45-Prototyp, der auch drüben im Museum steht.

Welche Änderungen an der Bassman- Schaltung wurden vorgenommen?

Jim Marshall: Das waren erst nur Kleinigkeiten. Der Bassman hat in der ersten Verstärkerstufe beispielsweise eine 12AY7-Röhre mit sehr wenig Gain. Wir nahmen eine 12AX7, die sich leichter übersteuern ließ. Dann verwendeten wir britische Kondensatoren mit einem schlankeren Sound, der auch mehr „Grind“ zur Verfügung stellte. Dazu kamen noch die Trafos, die ganz anders klingen als die von Fender. Unser Amp klang schließlich heller, frischer und aggressiver als der Fender Bassman. Wir verbauten auch die robusten KT66-Röhren, später dann die EL34, wodurch sich unser Sound nochmals stärker vom Fender Bassman abhob. Außerdem arbeiteten wir schon immer mit Celestion zusammen. Diese Speaker klingen ganz anders als die amerikanischen Lautsprecher. Sie waren prägend für den markanten Marshall- Sound. Der raue Brit-Sound!

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Wie muss man sich die Produktionsräume von damals vorstellen?

Jim Marshall: Vorne der Laden, hinten die Werkstatt, in der auch gefertigt wurde. Alles sehr klein und bescheiden. Wir bauten damals etwa einen Amp in der Woche. Doch schon bald steigerte sich die Nachfrage. Und 1963 wurde aus der kleinen Werkstatt eine größere Produktionsstätte. Einer unserer ersten Kunden war Pete Townshend, den ich schon vom Säuglingsalter her kannte. Ich spielte mit seinem Vater, der ein sehr guter Klarinettist war, zusammen in einer Band. Obwohl er regelmäßig meine Amps auf der Bühne zerstörte, was ich überhaupt nicht gut fand, war er sicher dafür verantwortlich, dass wir bekannt wurden. Wir bauten auch Amps für die Tremeloes und viele andere erfolgreiche Musiker von damals.

Worin besteht die Einzigartigkeit des Marshall-Sounds?

Jim Marshall: Natürlich im Overdrive-Sound! Übersteuerte Röhren in Verbindung mit speziellen Ausgangsübertragern sind unser Markenzeichen geworden. Diesem Kurs folgen wir bis heute. Und zum Glück ist es bis heute noch niemandem gelungen, unsere Trafos und damit unseren Sound genau nachzubauen. Der Marshall- Sound wurde zum Maßstab für übersteuerte Lead-Gitarre.

Welche Gitarren wurden bei der Entwicklung der ersten Marshall-Verstärker eingesetzt?

Jim Marshall: Damals hatte ich ja überhaupt keine Ahnung von Gitarren-Amps. Im Laden führte ich aber Gitarren von Fender und Gibson. Die Les Paul und Fender Stratocaster waren damals die modernsten und rockigsten Gitarren ihrer Zeit. Somit waren sie auch an der Entwicklung unserer Amps beteiligt. Eine Les Paul über einen Marshall gespielt, zählt bis heute zu meinen absoluten Favoriten. Eric Clapton hat das 1966 wie kein anderer auf dem Bluesbreakers-Album mit John Mayall demonstriert. Er setzte genau das um, was mir vorschwebte. Der fette Lead-Sound wurde so geboren.

Wie entstand die erste 4x12-Box?

Jim Marshall: Unsere ersten Boxen waren ja 2×12-Modelle. Da die frühen Celestion-Alnico-Lautsprecher aber nur je 25 Watt Leistung verkraften konnten, knallten die dauernd durch. Unsere Verstärker hatten aber Peaks von über 45 Watt. Um diesen Missstand zu beseitigen, entwickelte ich die 4×12-Box mit 100 Watt. Das Witzige daran ist, dass ich mir bei dem Design dieser Box überhaupt nichts gedacht habe. Sie sollte einfach nur relativ klein und sehr stabil sein. Ich glaube, ich habe einfach vier 12-Inch-Lautsprecher auf ein großes Stück Papier gelegt und darum einen Rahmen gezeichnet. Die ersten Boxen waren dann die gerade Version. Das sah aber mit dem kleinen JTM45-Topteil irgendwie komisch aus.Die Proportionen stimmten nicht.

Also habe ich sie vorn ab der Hälfte abgeschrägt, damit das Design besser wird. Der Amp passte in seiner Tiefe genau auf die verbleibende Fläche. Als mich dann Micky, der Gitarrist der Tremeloes, fragte, warum die Box abgeschrägt ist, lieferte ich ihm spontan eine pseudo-wissenschaftliche Erklärung: „Tja, die Box ist so gebaut, dass der Klang ungehindert über die Köpfe des Publikums abgestrahlt wird und auch am anderen Ende der Halle noch zu hören ist.“ Ich hatte mir diese Erklärung nur ausgedacht, aber als ich ans andere Ende der Halle ging, hörte ich, dass ich doch keinen Quatsch erzählt hatte! (lacht) Aber noch einmal: Die Boxen wurden nur aus optischen Gründen abgeschrägt gebaut.

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Diese Box wird ja heute von unendlich vielen Herstellern kopiert

Jim Marshall: … Oh ja! Ich hätte damals schlauer sein sollen und mir diese Holzkiste vom ersten Tag an patentieren lassen. Das hätte eine ganze Menge Geld gebracht (lacht)

Wie kam es dann zum ersten Marshall- Stack?

Jim Marshall: Ich glaube, das war 1964, als Pete Townshend uns nach 100-Watt-Verstärkern fragte. Wir bauten ihm die ersten drei 100-Watt- Tops unserer Geschichte. Er wollte 8×12-Cabinets dazu. Dazu machte ich mir ein paar Gedanken und entwickelte schließlich die ersten beiden 8×12“-Boxen. Als Pete die „Schränke“ abholen wollte, konnte er sie kaum aus dem Laden heben. Ich rief ihm nach: „Hey, deine Roadies werden dich umbringen.“ Aber er schüttelte nur den Kopf und sagte: „Na und? Die werden schließlich dafür bezahlt.“ Er war in diesen Dingen damals ziemlich stur. Nur zwei Wochen später kam er wieder und hatte eingesehen, dass die Teile einfach viel zu groß waren. „Kannst du die Boxen nicht einfach in der Mitte durchsägen?“, fragte er. Ich sagte ihm: „Geh’ du nur nach Hause. Ich mach das schon.“ Also baute ich ihm zwei 4×12- Boxen, die untere gerade, die obere schräg, und so entstand das erste Marshall-Stack. Das war ungefähr 1964.

Somit war Pete Townshend der Erfinder des Marshall-Stacks?

Jim Marshall: Wenn man so will, ja! Allerdings waren Ken und ich für das endgültige Design verantwortlich und gaben der Sache den letzten Schliff.

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Gab es noch andere Gitarristen, für die spezielle Sachen entwickelt wurden?

Jim Marshall: Ja, natürlich! Wir haben etwa für Ritchie Blackmore diese 200-Watt-Tops gebaut. Die ersten Modelle neigten zur Überhitzung, daher haben wir dann KT66-Endröhren eingebaut. Es gibt aber nur ganz wenige Verstärker dieser Art. Wir haben auch für Brian Poole von den Tremeloes spezielle Features nach Wunsch umgesetzt. Das waren blonde Half-Stacks.

Wann und wie haben Sie Jimi Hendrix kennengelernt?

Jim Marshall: Eines Tages brachte mein ehemaliger Schlagzeugschüler Mitch Mitchell Jimi Hendrix mit in meinen Laden. Ich empfinde übrigens die Tatsache, dass Mitch in der Band von Jimi Hendrix landete, als ein Highlight meiner Karriere. Damals dachte ich ja zuerst, Jimi wäre schon wieder so ein amerikanischer Lackaffe, der alles umsonst haben wollte. Aber Jimi entpuppte sich als unheimlich freundlicher und schüchterner Mann.Er kaufte ein paar Amps und bezahlte den regulären Kaufpreis. Er fragte nicht einmal nach einer Ermäßigung. Das einzige, was er forderte, war weltweiter Service, egal wo er spielte. Ich schlug ein und machte mit ihm diesen Deal. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass ich einen Techniker irgendwohin in die Welt fliegen musste. Aber das machte ich gern. Er war ein wirklich netter Junge. Außerdem hieß er mit vollem Namen James Marshall Hendrix und ich heiße ja James Marshall. Diese Namensverwandtschaft konnte doch kein Zufall sein. (lacht)

Hat Jimi in irgendeiner Weise Sonderwünsche geäußert?

Jim Marshall: Keine Spur! Er spielte JTM 45/100 Standard- Stacks. Er koppelte mehrere Verstärker miteinander, um mehr Lautstärke zu erreichen. Früher gab es ja oft noch keine P.A.-Systeme. Nach anderem Schnick-Schnack fragte er nie.

Hatten Townshend und Hendrix oft Reparaturen an ihren Amps?

Jim Marshall: Nicht, dass ich wüsste. Sie zerstörten aber regelmäßig die Bespannstoffe der Boxen. Bei Townshend wurden die Boxen dann neu bezogen, während Hendrix einfach meist zu weit weg unterwegs war. Der musste dann damit leben. Townshend machte dann das „Verstärker-Zerstören“ zu seinem Image. Das fand ich überhaupt nicht komisch. Das waren schließlich meine Amps und meine Boxen! Warum musste dieser Lümmel die immer zerstören?

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Wie kam die Zusammenarbeit mit Slash zustande?

Jim Marshall: Slash wollte einfach ein paar Kopien seines Lieblings-Modells, dem 2550 Silver Jubilee, den Steve Grindrod für uns entwickelt hatte. Das war gar nicht so einfach, denn die Produktion war bereits ausgelaufen, und wir mussten erst einmal die ganzen Bauteile für diesen Amp wieder auftreiben. Wir hatten dann schließlich Bauteile für circa 3.000 Amps. Also musste dies eine „Limited Edition“ werden. Bis zum Slash-Signature- Modell war es dann nur noch ein kleiner Schritt. Es war das erste Mal, dass wir so etwas machten.

Sie haben immer Celestion-Lautsprecher verwendet. Wie ist die Zusammenarbeit heute?

Jim Marshall: Sehr gut. Früher haben wir einfach das genommen und uns sogar danach gerichtet, was Celestion im Programm hatte. Siehe die Entwicklung der 4×12-Box! Schon längst werden aber spezielle Speaker für uns entwickelt und gebaut, schließlich nehmen wir auch eine ganze Menge davon ab! (lacht) Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, und die Speaker sind einfach sehr zuverlässig, was mir eigentlich am wichtigsten ist. Marshall und Celestion passen einfach sehr gut zusammen.

Was denken Sie eigentlich über die Mystik, die über die alten Marshall- Amps verbreitet wird?

Jim Marshall: Ich finde das interessant! Aber ich glaube auch, dass Musiker das hören, was sie hören wollen. Als ich Eddie van Halen in Los Angeles mal traf, sagte er mir: „Jim, ich besitze den besten 50-Watt-Amp, den du je gebaut hast!“ Aber das ist ein Satz, den ich schon oft gehört habe. Mir geht es übrigens ähnlich, wenn es um Drums oder Becken geht. Ich besitze eine ganze Menge Becken, und ich kann da eins oder zwei rausnehmen, die genau meinen Geschmack treffen. Das sind die besten – für mich! Sehen wir es doch einmal so: Amps, auch die des gleichen Typs, klingen total unterschiedlich.

Es gibt Toleranzen innerhalb der Bauteile und damit ändert sich auch der Sound. Wenn jetzt eine kleine Abweichung deinem Geschmack eher entspricht als der Standard-Amp, dann ist das halt für dich der beste Amp, den ich je gebaut habe. (lacht) Und: Damals in den alten Tagen konnten wir nur kleine Mengen dieser Bauteile kaufen und wurden mit unterschiedlichen Qualitäten geliefert – deshalb klangen alte Amps einfach unterschiedlich. Ob gut oder schlecht – das hat dann wieder mit dem persönlichen Empfinden zu tun. Insofern kann ich eigentlich nichts damit anfangen, wenn jemand die alten Amps pauschal über den grünen Klee lobt. Heute ist das anders: Die Qualität der Bauteile ist konstant, die Preise sind besser, weil wir eben nicht 200 Widerstände sondern Millionen brauchen.

Die Sammler auf dieser Welt horten mittlerweile die alten Amps wie Schätze. Ist das auch mit ein Grund, dass die Reissue-Serie geboren wurde?

Jim Marshall: Ja, sicherlich. Die Anfrage dazu kam von unserem japanischen Vertrieb. Aber wir waren darüber not amused, denn wir wollten eigentlich lieber neue Amps entwickeln, als uns selbst zu kopieren. Außerdem ist die Entwicklung einer Kleinserie, von der wir erstmal ausgegangen waren, nicht gerade wirtschaftlich sinnvoll. Aber da die Bestellung der Japaner ziemlich groß war, lohnte sich der Aufwand für uns. Das Schwierigste daran war übrigens, die historisch korrekten Ausstattungs- Details wie Kunstleder, Speaker, Griffe, Schalter etc. aufzutreiben, denn diese Teile wurden praktisch nicht mehr hergestellt.

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Wie ist eigentlich Ihre Meinung zu den vielen Marshall-Modifikationen, die in den Achtzigern aufkamen?

Jim Marshall: Dagegen habe ich im Grunde nichts. Aber wir haben unsere Antworten darauf gegeben, und zwar so, wie wir es technisch verantworten können. Nämlich ohne Schäden an Trafos oder Röhren zu riskieren. Viele Bauteile eines Marshalls sind nicht für diese Modifikationen ausgelegt, und so ist es kein Wunder, dass eben viele dieser Amps nicht zuverlässig laufen. Für uns ist das eine dumme Situation, denn auf dem Amp, der da gerade hoch geht, steht in der Regel ja immer noch mein Name vorne drauf.

Außerdem bin ich überhaupt nicht damit einverstanden, was solche modifizierten Amps kosten. Dabei sind die meisten Umbauten simpel. Die Techniker verlangen viel Geld für wenig Arbeit, und das ist nicht in Ordnung. Und bei uns landen dann die Verstärker der Musiker, die wir wieder in den Originalzustand zurückversetzen sollen. Aber Musiker sind leichtgläubig, orientieren sich an dem, was in der Szene so erzählt wird oder was in der Werbung steht. Aber es ist auch richtig, dass viele dieser Hotrodder der Industrie interessante Impulse geben. Unter ihnen gibt es natürlich auch gute Leute, die gute Arbeit leisten. Aber wie gesagt – wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und mittlerweile selbst Amps im Programm, die den modernen Sound-Ansprüchen genügen.

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Wie sieht denn heute Ihr Lieblings- Sound aus?

Jim Marshall: Oh, eine interessante Frage! Meiner Meinung nach bringt das normale Marshall- Standard-Equipment den besten Sound. Für mich klingen die puren Verstärker wie der 1987 oder der 1959, weit aufgedreht natürlich, immer noch am besten. Ohne Booster, ohne Effekte. Auch ohne Mastervolume, denn auch der nimmt etwas vom Ton weg. Der Markt verlangte aber danach, und wir haben sehr viel davon verkauft. Mir gefallen aber auch die Amps der Valvestate-Serie, weil sie einfach gut klingen und weil sie günstig sind und vielen Musikern einen Marshall- Sound ermöglichen, die sich die teureren Amps nicht leisten können. Außerdem kann man doch in der Regel einen puren Röhren-Amp kaum so weit aufdrehen, dass er richtig gut klingt – die Zeiten sind ja lange schon vorbei.

Wie sieht heute Ihr Alltag in der Marshall-Factory aus?

Jim Marshall: Ich habe mich schon etwas zurückgezogen und verfolge meine Charity-Projekte mit Kindern, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Mein Zeitplan ist gut ausgefüllt. Jeden Morgen gehe ich aber ins Büro und lese die gesamte Post. Das lasse ich mir nicht nehmen. Ich muss immer genau wissen, was läuft und wo es eventuell Probleme geben könnte. Schließlich steht auf den Amps immer noch mein Name … Ja, ich muss nun auch wieder los. War nett, mit Ihnen zu sprechen!

Ich bedanke mich auch!

Und schon war Jim Marshall nach der vorzüglichen Ente und einem kleinem Nachtisch verschwunden. Mir war tatsächlich kaum eine Stunde geblieben, um den viel beschäftigten Geschäftsmann zu befragen. Dennoch ist dieser persönliche Eindruck durch nichts zu ersetzen. Ein Jahr später treffe ich ihn noch einmal im Flugzeug nach London. Er erkennt mich sogar wieder und fragt, ob die Ente auch wirklich gut war. „Sie war es,“ antworte ich. Er lächelt, nimmt einige Akten aus seinem Koffer und vertieft sich in sein Business.

Mehr zur Thema Marshall Amps findest du in unserer Marshall Sonderausgabe. Einen Überblick über die Firmen-Entwicklung zu Lebzeiten von Jim Marshall, findest du außerdem in unserem Artikel ‚Die Marshall Zeitmaschine‚.

Aus Gitarre & Bass Marshall Sonderheft 2012

 


Marshall Class 5 Röhren-Combo im Test

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Marshall Class 5 Opener

Der erste große Boom der Vollröhren-Kleinstcombos ebbt gerade ein wenig ab, da kommt Marshall zur Überraschung Aller mit so einem Teil auf den Markt. Doch Noch? Muss Man fast sagen, denn es sah lange Zeit eher so aus als wollte sich das Basislager britischer Sound-Kultur in dieser Sparte zurückhalten. Und nun wird also doch noch allen gezeigt wo der Hammer hängt?

Einige Vorschusslorbeeren erntete das Köfferchen bereits durch YouTube-Videos, dort insbesondere durch einen Auftritt von Joe Bonamassa im Ronnie Scotts, wo er gleich vier Class 5 auf einmal zum Schwitzen brachte. Leider ist die Tonqualität (des Kamera-Mikrofons?) eher bescheiden. Man bekommt nur bedingt einen Eindruck davon wie Joe an dem Abend geklungen hat. Nun, bald kann ja jeder selbst erleben wie sich der Kompaktkoffer klanglich benimmt. Die Auslieferung an den Einzelhandel steht kurz bevor.

Hübsch eingekleidet hat Marshall den Combo, das steht schon einmal fest. Wie wollen wir das Outfit nennen, Bluesbreaker petite? Die Ähnlichkeit lässt sich nicht verleugnen. Wie der zitierte 2×12-Klassiker ist der Marshall Class 5 von oben zu bedienen. Und er bietet mehr Kontrolle als viele andere Mini- Combos, da er eine vollwertige Vorstufe mit Dreibandklangregelung und Volume- Poti bereithält. Master? Nein danke, das hier ist potentielles Werkzeug für Vintage- Puristen, bitte keine Spielereien als Extras! Was technisch hinter dem Konzept steht, kann man sich angesichts der Leistungsangabe fast denken.

In der Endstufe ist eine EL84, die kleine Schwester der urbritischen EL34, verbaut, die wie in dieser Combo- Klasse üblich im Kathodenbias arbeitet. In der Vorstufe sind zwei ECC83 in Betrieb. Die Gleichrichtung der Netzspannung übernehmen Halbleiterdioden. So schlicht der Class 5 an sich gehalten ist, leistet er sich aber doch zwei zusätzliche Features, einen Kopfhörerausgang und einen Lautsprecheranschluss (Ext.-Speaker), zwischen denen man per Schiebeschalter wählt. Der interne Speaker wird in beiden Fällen stummgestellt. Dabei handelt es sich um einen Zehnzöller von Celestion, der, wie verlautet, speziell für diesen Combo entworfen wurde. Das Gehäuse des Marshall Class 5 ist ganz nobel wie andere Produkte aus dem Hause Marshall auch aus Birkenschichtholz gefertigt. Hier ca. 17 mm dick und an den Kanten geschmeidig verrundet.

Auf Schutzkappen an den Ecken wird verzichtet, was in der Fertigung immer eine besondere Herausforderung darstellt, muss doch das Tolex mit maximaler Sorgfalt absolut passgenau zugeschnitten werden. Ist hier einwandfrei gelungen. Auch sonst ist die Verarbeitung ohne Makel, abgesehen von dem Detail, dass der Knebel des Netzschalters etwas über das Gehäuse übersteht. Ein großer und angenehm weicher, gummierter Griff an der Oberseite, damit lässt sich der nur ca. zwölf Kilogramm leichte Class 5 bequem bewegen. Die angeschraubte Rückwand scheint Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen. Jedenfalls ist sie einfach schwarz lackiert, kein Tolexbezug. In der unteren Hälfte ventilieren drei runde Öffnungen die Speakerkammer. Das kleine Verstärkerchassis hängt im Gehäuse an zwei Schrauben, und ist zusätzlich über zwei weitere Schrauben an der Rückwand befestigt; passt, wackelt nicht und hat keine Luft. Im Inneren ruht eine kleine Platine, die mit Ausnahme der Trafos alle Bauteile – was ja nicht viele sind – beherbergt; alles solide Standardware, einwandfrei.

Eric Clapton Classic Tone, Teil 1: Clapton’s Beano Sound

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Eric Clapton an der Gitarre

In diesem Workshop widmen wir uns eingehend einem (E-)Gitarren-Sound, der wie kein anderer die Vokabel „klassisch“ verdient hätte: Es geht um Eric Claptons frühe Schaffensphase, namentlich das Bluesbreakers-Album mit John Mayall. Immer dann, wenn ein Phänomen derart eindringlich und nachhaltig wirkt, der Protagonist, aus welchen Gründen auch immer, seine Erinnerung hartnäckig unterdrückt, werden reichlich Legenden gesponnen. So auch hier.

Der legendäre Beano-Ton, den Eric Clapton im Frühjahr 1966 in dieser „One-day-session“ präsentierte, geht heute noch unter die Haut. Die verführerische Kombination von Marshall und Les Paul wurde geboren und hallt bis heute nach.

Befassen wir uns also kurz mit Claptons Werdegang Anfang der Sechziger. Bei den Yardbirds, denen er sich 1963 anschloss, wurde Clapton fast ausschließlich mit seiner Telecaster und einem Vox AC30 gesichtet. Da er sich aber schon damals zum Blues-Purismus berufen fühlte und seinen ausnahmslos schwarzen Vorbildern nacheifern wollte, kaufte er sich von seinem ersten mit der Musik verdienten Geld zunächst eine cherryrote Gibson ES-335 von 1964. Diese Gitarre kam allerdings zunächst wenig zum Einsatz, zumindest belegen das die zahlreichen Fotografien aus dieser Zeit, in der er praktisch nie mit dieser Gitarre gesehen wurde.

Der damals 21-jährige bezeichnet sich heute rückblickend als arroganten Snob, der kaum einen „Eindringling“ neben sich dulden wollte. Alles musste stimmen: Die persönliche Attitüde, der Haarschnitt und die herablassende „ist mir doch egal“- Haltung gegenüber irgendwelchen musikalischen Sitten und Regeln. Nur vor diesem Hintergrund scheint man heute Claptons Leistung zu verstehen. Er wollte einfach der beste sein. In seiner Biografie nennt er sich einen „Schnorrer“, der sich stets von anderen das nahm, was ihm selbst so sehr zu fehlen schien: Ruhm, Glanz und Respekt.

Nachdem er 1965 die Yardbirds, die immerhin respektable Pop-Charts-Erfolge erzielten und gleichwohl Konkurrenten wie Jeff Beck und Jimmy Page aufnahmen, verlassen hatte, schloss er sich John Mayalls Bluesbreakers an. John Mayall beschreibt er heute als väterlichen Lehrer, der aufgrund seiner seltenen Charaktereigenschaften in Form einer Mischung aus Geduld und Autorität bei ihm ankam. Außerdem war er älter und erfahrener als Clapton. Das konnte den Eifer des jungen Blues-Musikers jedoch nur kurz bremsen. Schon bald besann er sich darauf, einen eigenen Weg einzuschlagen, verließ Mayall auf eine von ihm selbst als „beschissen und link“ bezeichnete Art, um mit seiner neuen Band (The Glands) in Griechenland zu touren. Schnell kam er dort auf den Boden der Tatsachen zurück, denn im sonnigen Griechenland waren die englischen Jungs alles andere als eine große Nummer. Er musste aufgrund turbulenter Umstände (vergl. Biografie „Eric Clapton – Mein Leben“, Kiepenhauer & Witsch 2007) buchstäblich die Flucht ergreifen, türmte durchs Klofenster, ließ sein Equipment zurück und strandete im Herbst 65 wie ein nasser Pudel wieder in London und klopfte zunächst reumütig an der Tür seines Ziehvaters John Mayall. Der staunte nicht schlecht und sah sich im Zwiespalt, hatte er doch kurz nach Claptons Verschwinden den aus seiner Sicht äußerst talentierten Peter Green engagiert. Clapton blieb jedoch hartnäckig, und Peter Green musste seinen Platz wieder frei machen. Offenbar tat er das sogar gern, denn Clapton wurde trotz seines unsteten Charakters von allen Kollegen hoch geschätzt. Es war gut, ihn wieder in der Stadt zu haben und zu beobachten, was er wohl als nächstes tun würde.

Was dann kam, entpuppte sich als Urknall für eine neue Gitarren-Generation, die bis heute besteht. Im April 1966 nahmen die Bluesbreakers, jetzt „featuring Eric Clapton“ ein Album auf, das das damalige Live-Set der Band einfing. Dieses Ereignis war in vielerlei Hinsicht bedeutend, denn der Clapton-Sound oder „Beano-Ton“ entpuppte sich innerhalb von nur wenigen Tagen zum Avatar einer neuen Musik. Vielleicht wäre Hendrix ohne Claptons Mitwirkung bei diesem Album nie nach London gekommen. Wer weiß?

John Mayalls Bluesbreakers feat. Eric Clapton ‚Have You Heard‘:

Beano-Ton

Gleich nach seinem Wechsel von den Yardbirds zu den Bluesbreakers kaufte Clapton im Juni 1965 bei Lew Davis in der Charing Cross Road eine gebrauchte Les Paul Standard. Ein solches Modell hatte er auf dem Plattencover von Freddie Kings „Let’s Hideaway And Dance Away“ gesehen (hier war es eine Goldtop mit P-90). Zufall oder nicht, war Claptons Les Paul eine 58er, 59er oder 60er in Cherry Sunburst mit Humbuckern. Diese Gitarre verwendete er fortan ausschließlich. Da sie nur ein Jahr später während der ersten Proben der neu formierten Supergroup „Cream“ gestohlen wurde, gibt es nur wenig Fakten zu dieser Gitarre. Nicht mal die Seriennummer ist bekannt. Man glaubt heute jedoch, dass es sich um ein 60er Modell handelte, denn sowohl Clapton als auch Peter Green beschrieben in verschiedenen Interviews den „slinky“ Hals dieser Gitarre. Peter Green lobt den Hals als traumhaft schlank ganz im Gegensatz zu seiner eigenen 59er, die einen mächtigen und unkomfortablen Hals gehabt hätte. Diese Beschreibungen passen zu den in der Regel schlankeren „slim taper necks“ der 60er Les Pauls.

Marshall-1966-Bluesbreaker-Style2

1966er Style 2 Bluesbreaker 18-Watt-Modell

Zunächst sah man Clapton bei den zahlreichen Livegigs der Bluesbreakers noch mit einem AC30, doch schon bald wurde dieser durch einen Blocklogo Marshall JTM45 mit 4×12“-Box ersetzt. Schnell begriff der kreative Musiker die Möglichkeiten dieses Setups. Er drehte alle Regler seines Amps bis zum Anschlag auf und erzeugte so einen Ton und ein Sustain, das eher an ein Tenorsaxofon erinnerte als an eine Gitarre. Gleichzeitig begann er mit den Tonreglern der Les Paul zu arbeiten und erfand mit zugedrehtem Ton-Poti den legendären „Woman-Tone“, der fortan typisch für Clapton werden sollte.

Über diesen Amp ist nur soviel bekannt, das es sich vermutlich um ein 65er Modell mit RS Deluxe (Hifi-)Ausgangsübertrager handelte. Die Box war etwas älter. Vermutlich ein sehr frühes 4×12“-Cabinet mit Celestion Alnicos á 15 Watt.

Amp und Box musste Clapton bei seiner Flucht aus Griechenland zurücklassen. Somit brauchte er Ende 65 einen neuen Amp. Ich habe im Internet dazu reichlich Seemannsgarn entdeckt. Da stand zum Beispiel in Wikipedia, Clapton hätte Jim Marshall in seinem Laden in Hanwell zu einer Combo-Version des JTM45 überredet, damit dieser in seinen Kofferraum passt. Diese These halte ich jedoch für etwas kühn, denn den JTM45 gab es als Version 1 (siehe Foto) bereits seit Anfang 1965. Bei Claptons Amp könnte es sich vielmehr um ein Messe-Ausstellungsstück gehandelt haben, das in Jim Marshalls Laden in Hanwell zum Verkauf stand. Ende 65 wurde vermutlich die neue Version 2 (für die Saison 66) dieses Combos vorgestellt (Model 1961 mit 4×10“ und Model 1962 mit 2×12“). Das würde auch erklären, warum Claptons Amp (höchstwahrscheinlich) noch mit Celestion 15-Watt-Alnicos und nicht mit den 20-Watt-Keramik-Greenbacks ausgestattet war. Man begibt sich schnell in das Reich der Spekulationen, denn Clapton selbst weiß nur noch wenig über diesen Amp (außer, dass er alle Regler auf 10 gedreht hatte).

John Mayall Bluesbreakers feat. Eric Clapton ‚All Your Love‘:

Der Sound dieses Combos wurde durch das Bluesbreaker/Beano-Album derart berühmt, dass solche Amps heute zu den begehrtesten und teuersten Marshall-Modellen gehören. Zwischen 12.000 und 18.000 USD muss man derzeit für ein Exemplar hinblättern, vorausgesetzt, man kann eines finden. Immer wieder wird über die Lautsprecherbestückung, den vermeintlichen Ausgangsü̈bertrager oder die eventuelle Verwendung eines Dallas Rangemaster Trebleboosters diskutiert. Letzteres vor allem daher, weil sich niemand vorstellen kann, dass der Combo eine derart fette Verzerrung ohne Unterstützung eines Boosters erzeugen kann.

Die Bestückung mit Celestion G12 Alnicos (vermutlich T.652) gilt heute jedoch als gesi- chert. Ich hatte kürzlich ein halbes Dutzend dieser Lautsprecher während unterschiedlicher Restaurierungsprojekte zu Hause und konnte feststellen, dass sie etwas anders als die vergleichbaren Vox(Bulldog)-Modelle klangen. Sie hatten weniger Bass und dafür einen noch knackigeren Ton, dessen Fokus mehr in den oberen Mitten zu liegen schien. Außerdem komprimierten sie früher als die recht stabilen Bulldogs und brachten eine ansprechende Eigenverzerrung, wenn man den Amp weit aufdrehte. Vermutlich waren das die Bluesbreaker-Lautsprecher.

Für Claptons Model 2 wäre ein Drake-784-103-Ausgangstrafo (8k Primär-Impedanz) historisch korrekt gewesen. Da sein Amp aber vermutlich schon im Spätsommer 1965 gebaut wurde, gibt es auch Anhänger, die glauben, den Sound eines frühen RS-Deluxe-Trafos herauszuhören. Ganz klären wird man das wohl nie. Tatsächlich klingen die Drake-Trafos etwas rauer und „zerrfreudiger“ als die RS-Modelle. Unsere Soundfiles zeigen jedoch, dass man mit beiden Trafos einen ganz guten Beano-Sound hinbekommen kann.

Entscheidend für die starke Verzerrung könnte aber auch ein Missmatching des Trafos gegenüber der Speakerbestückung gewesen sein. Die frühen Alnicos waren nur als 15-(16)-Ohm-Modelle erhältlich. Parallel verschaltet würde sich eine Last von 8 Ohm ergeben. Die RS-Deluxe- oder Drake-Trafos waren jedoch meist für den Anschluss von 16-Ohm-Boxen beschaltet (es sei denn, sie waren umschaltbar, was es auch gab). Dann hätte Clapton an einem 16-Ohm-Ausgang eine 8-Ohm-Last betrieben, was die Speaker härter antreibt und früher in die Verzerrung bringt. Dennoch: Alles Spekulation. Auf dem Soundfile hört man eine Les Paul (Historic Collection R9 mit WCR BetSet-Pickups) über einen 1965er Marshall JTM45 sowie einer alten (optisch) modifizierten Vox-Box mit zwei frühen G12 Alnicos. Alle Regler sind natürlich auf Stellung 10 gedreht. Viel Spaß!

 aus Gitarre & Bass 09/2008

 

Marshall London Smartphone

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Marshall London

Ach, was waren das noch für Zeiten, als man seinen Marshall anschmeißen konnte und die Welt inklusive Bling! Bling! von WhatsApp, Threema & Co. für eine Weile ausblenden konnte. Das ist jetzt irgendwie vorbei – Marshall macht in Smartphones. Und klar, dass das nicht irgendein Telefon ist, sondern speziell Musik und Musiker gemacht wurde.

So sind 2 Lautsprecher („Two Speakers Are Louder Than One!“) an Bord und der M-Button, der den User direkt zu seiner Musikverwaltung navigiert, egal, was sonst grad auf dem Taschencomputer läuft. Weiterhin gibt es zwei Kopfhörerausgänge und einen globalen EQ. Für besonders highe Fidelity hat man dem Phone einen separaten Processor nur für Musik implantiert, der angeblich selbst hochaufgelöste mp3s noch besser klingen lassen soll und auch unkomprimierte Formate wie FLAC abspielen kann.

Marshall London Stereo

An uns Musiker hat Marshall auch gedacht und direkt ab Werk einen 4-Spur-Recorder (44,1 kHz, 16 bit) und Mirkofone installiert, von deren Klangqualität die hauseigenen Ingenieure blown away waren. Na, dann lass mal kommen!

 

Wie sich das bei Smartphones so gehört, gibt es übrigens auch zum Marshall London ein Video, wo man jemanden dabei zugucken kann, wie er das Telefon auspack. Bäm.

 

 

 

SONDERHEFT! Das Gitarre & Bass Marshall Special

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marshall special

Es gibt nur wenige Pioniere, die die Rock-Musik durch ihre Erfindungen und Geräte weit nach vorne gebracht haben. Der Amerikaner Leo Fender und der Brite Jim Marshall sind zwei dieser Helden. Viele wissen jedoch nicht, dass Marshall Amps die Verstärker aus dem Hause Fender zum Vorbild hatten. Alle Hintergrundinformationen zu Marshall erfährst du im großen Marshall-Special von Gitarre & Bass!

Jim Marshall und Leo Fender hatten einiges gemeinsam: Sie spielten zwar selber nicht das Instrument, für das sie ihre Ideen entwickelten, aber sie konnten ungemein gut zuhören. Leo Fender gab alle seine Prototypen an aktive Gitarristen in den USA, und nur mit ihrem Feedback konnte er seine Instrumente und Verstärker verbessern. Jim Marshall hatte lange als Drum-Lehrer gearbeitet und dann einen Musikladen eröffnet, in dem er täglich mit den Bedürfnissen der Musiker-Kollegen konfrontiert wurde. Und da kein Hersteller das bieten konnte, was sich manche Gitarristen aus seinem Kundenkreis wünschten, beschloss er, selber Verstärker zu bauen…

Marshall Amps sollten alles übertreffen

War es ein Zufall, dass Jim Marshall ausgerechnet einen Fender Bassman Amp als erstes Vorbild für seine neuen Marshall Amps nahm, die vor allem lauter sein sollten als alles andere auf dem Markt? Musiker wie Pete Townshend und Jimi Hendrix waren es, die ihm den Wunsch nach lauteren und größeren Amps nahe brachten. Der Rest ist Geschichte. Die vorliegende Gitarre-&-Bass-Sonderausgabe „Marshall Special“ ist das bisher einzige Magazin, das sich komplett dem Thema widmet, mit 212 Seiten über Marshall-Amps, -Boxen und -Effektgeräte, mit Testberichten, Informationen zu Historie und Technik.

Marshall Special Gitarre & Bass

Jim Marshall über Marshall Amps

Gitarre & Bass beleuchtet im Special den Vintage-Aspekt von Marshall Amps, liefert einen Price-Guide, Datierungshilfen und vieles mehr. In zahlreichen Stories und Features wird die Geschichte des Brit-Rock von seinen Anfängen Mitte der 60er-Jahre bis heute erzählt. Außerdem wird der Leser durch die aktuelle Marshall-Fabrik geführt, Joe Satriani gibt zum Besten, wie sein Signature-Amp entstanden ist, und ein Interview mit Jim Marshall, das G&B-Autor Udo Pipper in Milton Keys mit dem Mastermind geführt hat, darf natürlich auch nicht fehlen. All das und noch einiges mehr wartet in dem großen Marshall Special, gelesen zu werden.

Das knapp 200-seitige Marshall Special enthält folgende Artikel:

50 Years Of Loud: Marshall-Historie im Zeitraffer

The Bluesbreaker House: Zu Besuch bei Jim Marshall

Die Marshall Factory Tour: Made in England

Alles unter Kontrolle: Santiago Alvarez, Marshall-Chef-Designer

Volle Kraft! Uwe Halbe, Marshall-Produkt-Manager Deutschland

Das Maß aller Dinge: Dirk Baldringer, Marshall-Tuner

Liberté, toujours: Das Marshall-Amp-Museum

Amp No.1 im Hard Rock Cafe Berlin

Louder! Die Geschichte des Brit-Rock

The Making of … Joe-Satriani-Signature-Amp

Test

Auf den Leib geschneidert: Signature-Amps

AFD100 Slash Signature

1987X-PW Paul Weller Signature

JCM 800 Kerry King Signature

JCM 800 2203ZW Zakk Wylde

YJM100 Yngwie Malmsteen Signature

Super 100JH Limited Edition Jimi Hendrix

1959RR Randy Rhoads

1992 LEM Super Bass Head Lemmy Kilmister Signature

1960 DM Cabinets Dave Mustaine Signature

Vierkanal-Überflieger: JVM410H

Zwischen Gestern und Heute: Vintage Modern 2466

Hybrid-Modeling: JMD50

1-Watt-Jubilare: JTM1H und JTM1C

Beano-Sound fürs Handgepäck: 1974X Combo plus Box

Made for Germany: Purple Haze 40CPH

Akustik-Lautmacher: AS50D und AS100D

Kick it! Acht Effektpedale

Watt auf die Ohren: Major und Minor Headphones

Extra

Die Spitze des Eisbergs: Die JTM-45-Serie

Evolution: JTM-50- und JMP-Serien

Schwarz wie die Nacht: Die JCM-800-Serie

Mehr Gain! Die JCM-900-Serie

Fürs neue Jahrtausend: JCM2000-Serie

Reissue-Serie: Zurück in die Zukunft

Feste feiern! Anniversary-Amps

Stompboxes: Marshall-Effekte

19″-Fieber: Rack-Equipment

Deep Black Soul: Bass-Amps

Workshop

Riff-Verstärker: Marshall-Musik-Zitate

Dream-Team: Marshall & Celestion

Wie alt ist mein Marshall? Datierungs-Guide

Was ist mein Marshall wert? Der Vintage-Price-Guide

Schlag’s nach! Das Marshall-Lexikon

Rubrik

Editorial

Inserenten/Händler

Impressum

Die Autoren

Eric Clapton Classic Tone, Teil 2: Der Bluesbreaker-Sound

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Eric Clapton im Studio mit Gitarre

Im Jahr 1966 war die Studio-Technik (quantitativ) gegenüber dem heutigen Standard limitiert. Es standen maximal vier Spuren zur Verfügung. Damit mussten sich selbst die Beatles im Abbey Road Studio begnügen. Effekte gab es so gut wie keine. Lediglich Hallplatten wurden ausgiebig genutzt.

Andererseits war das verwendete Equipment trotz seiner geringen Flexibilität von äußerst hoher Güte (Kollege Dirk Groll kommt beispielsweise bei solchen Zutaten regelrecht ins Schwärmen). Die Mikrofone – oft Neumann U47 Röhren-Mikrofone –, die Vorverstärker, die Verkabelung, die Aufnahmeräume, die Mischpult-Fader: All das hatte in diesen Tagen einen qualitativen Zenit erreicht, der seitdem kaum noch übertroffen werden konnte. Damals wurde noch nicht „track-by-track“ aufgenommen, sondern oft mono oder kurze Zeit später stereo die gesamte Band, die in einem Raum spielte. Da es dabei zu sogenannten übersprechungen bei den einzelnen im Raum verteilten Mikrofonen kam, war es üblich, die Lautstärkeverhältnisse der einzelnen Musiker bereits bei der Aufnahme durch den Abstand zum Mikrofon einzustellen. Für Solisten wurden außerdem sogenannte Stützmikrofone aufgebaut, damit man die Instrumente bei Bedarf in den Vordergrund mischen konnte. Diese Technik war solange kein Problem, wie die Musiker allesamt akustisch spielten, das heißt ohne Verstärkeranlagen.

 Rangemaster-Treble-Booster

Rangemaster Treble Booster

Nur vor diesem Hintergrund lässt sich Eric Claptons berühmter Bluesbreaker-Sound verstehen. Wie in Folge 1 beschrieben, spielte Clapton seinen JTM45-Combo voll aufgedreht. Dabei entstand eine Lautstärke, die die sämtlicher Bandmitglieder weit übertraf. Als Clapton im April 1966 ins Tonstudio kam und seinen Marshall aufdrehte, quittierten das die Toningenieure zunächst mit Fassungslosigkeit. Eine brauchbare Lautstärke-Balance schien unter diesen Bedingungen unmöglich. Claptons Sound war auf praktisch allen Mikrofonen zu hören, außerdem übersteuerte sein Stützmikrofon angesichts der enormen Lautstärke. Clapton gab sich jedoch stur und signalisierte, dass er nur so seinen Sound hinbekommen könnte und daher nicht bereit sei, nur ein einziges dB leiser zu spielen. Produzent Mike Vernon lenkte ein und stellte das Mikrofon (vermutlich ein Neumann U47) für Claptons Verstärker einfach in die Mitte des Aufnahmeraumes, denn er wollte diesen Ton unbedingt in seiner vollen Güte aufnehmen.

In diesen Tagen war eine Gitarre immer noch ein Begleitinstrument, das meist in den Hintergrund gemischt wurde. Einzelne Riffs oder ein kurzes Solo wurden zwar hervorgehoben, blieben aber meist deutlich leiser als die Gesangsstimme, die ganz vorn stand. Clapton sah das anders. Er kreierte einen Sound, der den Gesang kontrapunktierte. Die Gitarre sollte fett und laut klingen wie ein Jazz-Saxofon. Solcherlei Anliegen wurden damals jedoch in der Regel von den Produzenten oder Tonmeistern vereitelt. Clapton war wahrlich nicht der erste Gitarrist, der laut und fett spielen wollte. Buddy Guy oder Albert King experimentierten auf ähnlichen Pfaden. Somit war es vermutlich allein der Bereitschaft Mike Vernons zu verdanken, dass der „Beano“-Ton überhaupt aufgenommen werden konnte. Schließlich war man unter Zeitdruck, denn die Band hatte nur einen einzigen Studio-Tag gebucht. An diesem Tag sollten aber nicht weniger als zwölf Titel aufgenommen werden.

Clapton-Sound

Bei der Aufnahme des Soundfiles des Eröffnungsriffs von ,All your love’ (G&B 09/2008) habe ich gemerkt, dass man sich dem Clapton-Sound allenfalls annähern kann. Es war unglaublich schwer, diese fette und dennoch glasklare Kompression nachzustellen. Immerhin hatte ich einen 1966er JTM45, allerdings ein Topteil ohne Tremolo. Meine alte 2×12“-Box klingt vermutlich schon etwas anders, obwohl ich die gleichen alten Celestion G12 Alnicos eingebaut hatte. Außerdem hatte ich kein Neumann U47 zur Verfügung, sondern nur eine preiswertere Replik. Meine Gitarre klingt zwar exzellent, aber bei weitem nicht so wie eine alte Les Paul Sunburst. Auch hier mussten Abstriche in Kauf genommen werden. Dann habe ich digital aufgenommen, weil mir keine 2-Zoll-Analog-Bandmaschine zur Verfügung stand. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Man begreift sehr schnell, dass dieser gesuchte und legendäre Ton von unzähligen Parametern abhängig ist. Nicht zuletzt spiele ich vermutlich ganz anders als Eric Clapton. Es gibt aber genügend Anhaltspunkte, die man als Anhänger dieser Sounds untersuchen und beleuchten kann.

Legen wir zunächst alle Legenden und Gerüchte beiseite und widmen uns den bekannten Tatsachen. Was wissen wir über das Equipment Eric Claptons während der Bluesbreakers-Session?

John Mayalls Bluesbreakers feat. Eric Clapton ‚Have You Heard‘:

  • Er spielte eine 50s Gibson Les Paul Sunburst

Allein diese Feststellung bedeutet eine beinahe unendlich hohe Hürde für alle Beano-Ton-Anhänger. Der sogenannte „old-wood“-Ton dieser Instrumente ist von solcher Güte, dass diese Ikonen heute bekanntlich ein Vermögen kosten. Claptons Sound beweist auch, dass die Faktoren Zeit oder Alterung anscheinend kaum eine Rolle spielten, denn diese Gitarren klangen schon in jungen Jahren außergewöhnlich gut. Nicht zuletzt ist es dem Bluesbreakers-Album zu verdanken, dass die alten Les Pauls eine enorme Renaissance erlebten. Mike Bloomfield, Peter Green, Mick Taylor, Jeff Beck, Jimmy Page, Billy Gibbons und viele andere folgten diesem Vorbild und erwarben bald ein solches Instrument.

Neben der enormen Güte des Klangholzes spielten auch die PAF-Pickups eine große Rolle. Diese Tonabnehmer klingen eben einmalig klar und obertonreich. Auch das schlägt sich heute in den Verkaufspreisen nieder. Doch die Pickups allein genügen nicht, um einen solchen Ton nachzuformen. Auch das habe ich schon mehrfach beschrieben.

Clapton hatte die Pickup-Kappen seiner Les Paul entfernt, was seiner Meinung nach dem Ton mehr Direktheit und Punch verlieh. Ein Trend, dem viele seiner Kollegen folgten. Vermutlich wurde diese Maßnahme ursprünglich vollzogen, um sich der Feedback-Probleme zu entledigen. Meist waren es die Pickup-Kappen, die die damals ungewachsten PAFs zum Pfeifen brachten.

 

  • Er spielte einen alten JTM45-Combo

Schon oft habe ich in meinen Kolumnen beschrieben, dass der Sound dieser Amps auf weit komplexere Bedingungen zurückgeht als allein die Schaltung. Die Trafos, die Bauteile, die Verkabelung, die Potis und das Chassis tragen ihren Teil zu dem alten Marshall-Ton bei. Zwar gibt es heute fantastische Repliken solcher Amps (natürlich auch von Marshall selbst), aber keines dieser Produkte klingt exakt wie ein Vintage-Modell. Geht man davon aus, dass Claptons Combo Ende 1965 gebaut wurde, ist es wahrschein- lich, dass er mit damals noch frischen GEC KT66-Röhren bestückt war. Dazu in der Vorstufe Mullard ECC83. Über den Ausgangsübertrager ist wenig bekannt. Aufgrund der Klanganalysen seines Tons könnte man allerdings vermuten, dass er noch einen RS-Deluxe HiFi-Übertrager hatte. Ich habe mehrere JTMs dieser Zeit verglichen und konnte jeweils mit RS-Übertragern den Beano-Ton besser nachstellen. Aber das ist nur eine Vermutung.

Clapton hatte nach eigener Aussage alle Potis des Amps voll aufgedreht (außer der Lautstärke, die vermutlich nur auf „9“ stand). Er steckte sein Gitarrenkabel stets in den Normal-Channel, der viel dunkler als der Lead-Kanal klingt. Dieser Klang kam seinem Ideal eines warmen Saxofon-Tons viel näher. Zusätzlich reduzierte er den Hochtonanteil der Pickups mit den Ton-Potis, was später zu dem sogenannten Woman-Tone führte, bei dem das Ton-Poti ganz zugedreht wird. Wer also einen Beano- Tone möchte, sollte die Ton-Potis seiner Gitarre nutzen.

Den gewünschten Sound regelte er ausschließlich an der Gitarre. Eine Technik, die Clapton in Perfektion beherrschte, denn auch auf dem Bluesbreakers-Album unterscheiden sich die Sounds von Titel zu Titel teils erheblich. Clapton tat dies, um dem Verstärker maximale Verzerrung zu entlocken. Das funktioniert in der Tat so gut, dass auch ich bezweifele, dass Clapton irgendein Vorschaltgerät verwendete. Dafür wäre damals praktisch nur ein Rangemaster Treblebooster in Frage gekommen. Hört man aber das Album aufmerksam, kann man hier und da deutlich hören, wie der Amp in den Bässen schmiert und zu stark komprimiert, was gegen einen Treblebooster spricht. JTMs waren im Grunde Fender-Bassman-Kopien und nicht sehr stark entkoppelt. Daher waren die Bässe offener und fetter als bei späteren Marshall-Modellen. Claptons Amp war vermutlich mit Celestion G12 Alnico-Lautsprechern bestückt, die nur etwa 20 Watt leisteten. Bei einem voll aufgedrehten Amp wurden diese Lautsprecher in die Sättigung getrieben und haben stark komprimiert. Auch das ist ein Grund für den singenden, fetten Ton.

 

  • Er verwendete ein Spiralkabel

Vor einigen Monaten bekam ich ein Spiralkabel von Fender zugeschickt, das ich seither mit Begeisterung verwende. Nicht etwa, weil es so „gut“ ist, sondern weil es einen Sound erzeugt, der viel weicher und wärmer ist als der meiner anderen Kabel (Cordial, Spectraflex, Vovox). Auch hier werden aufgrund einer erhöhten Kapazität Höhen reduziert. Dabei entsteht ein Sound, der sehr cremig und singend ist. Clapton verwendete wie die meisten seiner Kollegen damals solche Kabel, was für diese Klänge offenbar ein wichtige Voraussetzung war.

 

  • Clapton spielte sehr dünne Saiten

Um seine virtuose Bending-Technik weiter auszubauen, suchte Clapton schon früh nach einer Möglichkeit, sehr dünne Saiten zu spielen. Solche Saiten gab es zunächst nicht zu kaufen, sodass stärkere Sätze wie folgt verwendet wurden: Man kaufte einen 11er oder 12er Satz und nutzte die A-Saite als tiefe E-Saite, die G-Saite als A-Saite usw. Als hohe E-Saite wurde dann eine dünne Banjo-Saite aufgespannt. Ab 1966 verwendete Clapton jedoch Fender Rock-’n‘-Roll-Saiten der Stärken .009 – .038, die es, soweit mir bekannt, auch heute noch gibt. Diese Saiten wurden damals auch von Hendrix, Page und Beck verwendet.

 

  • Studiotechnik

Wie schon anfangs erwähnt, spielte die Aufnahmetechnik eine große Rolle. Da das Mikrofon nicht direkt vor dem Verstärker stand, sondern irgendwo im Aufnahmeraum, entstand eine Art Ambient-Live-Sound, der sich von den heute üblichen „closed“-Abnahmen direkt an der Lautsprechermembrane deutlich unterscheidet. Es lohnt sich auf jeden Fall, ein guter Aufnahmeraum vorausgesetzt, mit der Mikrofon-Position zu experimentieren, denn dieses „distant-miking“ klingt oft sehr gut. Ich stelle im Studio das Mikrofon schon seit jeher mindestens 40 cm vor die Box, oft auch weiter entfernt. So hört man mehr Raumreflexionen und kommt dem Ton, den die eigenen Ohren direkt vor dem Verstärker hören, deutlich näher. Außerdem wurde nicht mit dynamischen Mikrofonen aufgenommen, sondern mit Groß-Membran-Kondensator-Mikrofonen. Wer jemals eine Gitarrenaufnahme mit einem alten Neumann U47 gemacht hat, kann mit einem „kratzigen“ Dynamik-Mikrofon nicht mehr viel anfangen. Der Unterschied ist in der Tat enorm. Leider sind alte Röhrenmikrofone heute so teuer wie Vintage-Gitarren und daher wenig verbreitet. Für mich tut es daher ein Røde-Mikrofon, dass jedoch mit einem alten Neumann natürlich nur bedingt mithalten kann.

Wie 1966 üblich, wurde auch das Bluesbreakers-Album analog aufgenommen. Damals wurde hoch ausgesteuert, um den sogenannten Bandsättigungseffekt auszunutzen und den maximalen Rauschabstand zu erreichen. Dabei wurden die Aufnahmen leicht übersteuert und damit in eine weiche, wohlklingende Kompression gebracht.

 

  • Claptons Spieltechnik

Der wichtigste Aspekt kommt zum Schluss. Clapton zählte damals (wie heute) zu den besten E-Gitarristen der Welt. Vor allem seine Bending-Technik war einzigartig. Er wollte weniger „abgehackt“ spielen als seine zahlreichen Blues-Vorbilder und entwickelte einen gebundenen, singenden Stil, der sein Markenzeichen wurde. Er konzentrierte sich nicht wie die meisten seiner Kollegen auf das Rhythmus-Spiel, sondern vielmehr auf einen vokalen Solo-Ton, den er wie ein Blues-Spieler als Kontrapunkt zum Gesang einsetzte. Damit schuf er als erster E-Gitarrist einen echten Lead-Sound, der neben dem Gesang im Mittelpunkt des Arrangements stand.

Zum Zeitpunkt der Aufnahmen für dieses Album war Clapton nach eigener Aussage in einer trotzigen und gelangweilten Phase, weil die Band für ihn keine Herausforderung mehr darstellte. Das ging teilweise so weit, dass er seine missmutige Stimmung dadurch zum Ausdruck brachte, dass er bei Live-Auftritten im Schneidersitz oder sogar liegend spielte. Im April 1966 hatte er nichts mehr zu verlieren, denn er hatte längst Pläne, die Band zu verlassen und eigene Pfade zu beschreiten (was er kurz darauf mit Jack Bruce und Ginger Baker auch tat). Die Aufnahmen dienten ihm schließlich dazu, seiner Technik und seinem Sound ein Denkmal zu setzen, was ihm auch gelang. Es ging ihm vielleicht weniger darum, John Mayall zu begleiten, als vielmehr sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Eine Form von Egozentrik, die sich zumindest für die Historie der E-Gitarre als äußerst positiv erwies. Seine nächste Schaffensphase war die mit der Band Cream, mit der wir uns ab der nächsten Folge detailliert befassen werden.

 

Aus Gitarre & Bass 10/2008

Plexi vs. UAD-Plug-In

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UAD Plexi

Über Marshalls Plexi-Klassiker muss man wohl nicht viele Worte verlieren: Besonders die 100-Watt-Variante hat den Sound unzähliger Rock-Legenden geprägt, darunter Größen wie Jimi Hendrix, Eric Clapton, Angus Young, Pete Townshend und Jimmy Page.

Den zugehörigen Tinnitus gab es bei Nutzern und Zuhörern stets inklusive, für echte Verzerrung will dieser erbarmungslos dynamische Non-Master-Volume-Amp nämlich richtig getreten werden, was in verschiedenen Situationen zum echten Problem werden kann. Besonders daheim setzt man für den gediegenen Brat-Ton schnell die gute Nachbarschaft aufs Spiel, denn leise und verzerrt geht mit diesem Charakter-Tier nun mal nicht.

Dass es im Jahre 2015  neben aufwendigen Power-Soaks auch digitale Plug-In-Lösungen für dieses Problem gibt, ist sicher keine Neuigkeit. Der Aufwand, den Hersteller wie jüngst Universal Audio bei der Erstellung ihrer Plug-Ins betreiben, hingegen schon. Bei ihrem neuen Softube Plexi-Plug-In hat die amerikanische Firma nämlich nicht irgendwo irgendeinen Plexi aufgenommen, vielmehr kam Marshalls Referenz-Plexi zum Einsatz, welcher von Tony Platt (u.a. verantwortlich für ‚Back In Black‘ von AC/DC) in einem guten Londoner Studio mikrofoniert wurde.

Marshall origiginal vs. Plugin

Die ganze Geschichte sowie einen ausführlichen Test zum Plug-In findet ihr in unserer aktuellen Ausgabe, zusätzlich haben wir uns in dieser Folge Lauschangriff! gefragt, wie nah die Simulation einem echten mikrofonierten Plexi kommt. Zusammen mit den Kollegen von Sound & Recording haben wir uns deshalb einen Marshall 1959 Plexi Reissue besorgt und mit den gleichen Mikrofonen abgenommen, wie sie von Tony Platt bei der Erstellung des Plug-Ins verwendet wurden. Bei der Box haben wir eine 60er-Jahre Marshall 4×12″ mit Celestion-G12M-Greenback-Lautsprechern gewählt, die eng verwandt mit den im Plug-In simulierten G12H-30 (55Hz) sind.

Für die Soundfiles haben wir nahezu identische Einstellungen am echten Amp und Plug-In gefahren, dabei ist immer ein völlig unbearbeiteter Mix aus allen drei Mirkofonen zu hören. Beim Vergleich der einzelnen Spuren (sowohl Solo als auch im Band-Mix) gilt es zu bedenken, dass es nicht nur leichte Unterschiede bei den verwendeten Lautsprechern gibt, auch unserer Aufnahmeraum verhält sich anders als der des Londoner Studios.

 

Marshall 1959 Plexi Reissue

Bei unserem mikrofonierten Plexi fällt im ersten Teil des Soundsamples sofort der typisch fransige und dennoch dynamische Palm-Mute Sound auf. Man hört die Lautsprecher richtig arbeiten – so viel Leistung will erstmal verdaut werden. Bei den offenen Akkorden im zweiten Teil zeigt der Amp Marshall-typischen Biss mit krachig-spröden Obertönen.

 

Im Mix beißt sich der Plexi-Marshall erwartungsgemäß gut durch, in den Tiefmitten lässt er erstaunlich viel Platz für den Bass. Bei den offenen Akkorden fällt auf, dass die Gitarre insgesamt einen Tick dichter sein könnte, um den Mix homogener erscheinen zu lassen.

 

Softube Plexi-Plug-In

Die erste Überraschung ist, dass das Plug-In bei den Palm-Mutes tatsächlich das gleiche markante Zerrverhalten an den Tag legt, wie unser Plexi-Reissue-Amp. Der Ton ist auf Anhieb etwas weicher und mittenbetonter, in der zweiten Hälfte fällt die etwas hohlere Mittencharakteristik auf.

 

Im Mix steht die Gitarre durch ihre etwas präsenteren Mitten ein Stück weiter vorne, die Anschläge wirken weniger hart und betten sich gut ein. In der zweiten Hälfte wirkt die Verzerrung des Plug-Ins im Vergleich zum Plexi merklich voller und gesättigter, was sich jedoch durch andere Einstellungen bzw. eine andere Gewichtung der Mikrofone weitestgehend kompensieren lässt.

 

Die ganze Story inklusive Test von G&B Autor Thomas Berg gibt’s in unserer aktuellen Ausgabe!

Eric Clapton Classic Tone, Teil 3: Cream!

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Die Veröffentlichung des Bluesbreakers-Albums war noch taufrisch, da plante Eric Clapton bereits ein neues Projekt mit Drummer Ginger Baker und Jack Bruce am Bass. Anfangs probten die drei noch heimlich und stellten gleich fest, das die Chemie absolut zu stimmen schien, obwohl sich die drei von früheren Formationen bereits kannten und da schon oft auch in der Wolle hatten. Mitte 1966 wurde die Band Cream gegründet, mit die erste sogenannte Supergroup.

Schon bei den ersten Proben gab es Missverständnisse und Unstimmigkeiten bezüglich der Song-Auswahl. Clapton wollte so puristisch wie möglich an seinem jüngst geformten Power-Blues-Approach festhalten, während Baker seine afrikanischen Roots ausleben wollte. Jack Bruce war eher Jazz- und Folk-orientiert und entwickelte experimentelle Song-Formen, die schon auf die anstehende Psychodelic-Welle hindeuteten. Man kann sich allzu gut vorstellen, dass all diese Ideen nur schwer unter einen Hut zu bekommen waren. Andererseits sollte sich bald herausstellen, dass genau dieses „Problem“ die Musik von Cream wirklich einzigartig machte. Clapton, Baker und Bruce waren jeweils großartige Protagonisten an ihren Instrumenten und erzeugten einen Sound, der bis heute unerreicht ist. Bei der Cream-Reunion erklärten die drei Musiker in Interviews bereitwillig (und beinahe belustigt), wie schwer es gewesen sei, nach so vielen Jahren wieder nach Cream zu klingen. Sie haben hart dafür geprobt und schließlich den Plan, an ihren ursprünglichen, archaischen Sound von damals anknüpfen zu wollen, schlichtweg aufgegeben. Cream wurde dann bekanntlich ins neue Jahrtausend transferiert, mit allen Vor- und Nachteilen.

Cream Reunion-Concert 2005:

 

Als damals die ersten Cream-Proben im Frühsommer 1966 begannen, spielte Eric Clapton noch seine 60er Les Paul Standard, Jack Bruce einen Fender Six-String Gitarrenbass sowie einen Danelectro Shortscale. Baker verwendete sein geliebtes Ludwig-Set, zunächst noch mit nur einer Bassdrum. Während der Proben wurde die Les Paul angeblich gestohlen. Das brachte Clapton in Nöte, denn diese Gitarre war der Dreh- und Angelpunkt seines Sounds. Er lieh sich eine 59er Standard „von einem guten Freund in London“ und verwendete diese Gitarre bei den allerersten Gigs im Sommer 66. Sie hatte eine schöne Flammung sowie ein Bigsby-Vibrato. Daher sind viele Experten der Meinung, dass Keith Richards diese Gitarre zur Verfügung stellte, denn er besaß schon seit 1964 ein identisches Modell. Auf dem Windsor Blues Festival am 31. Juli 1966 spielte Clapton diese Gitarre live.

Kurz darauf lieh sich Clapton eine 60er Les Paul Standard von dem späteren Police-Gitarristen Andy Summers, der einer der wenigen Besitzer einer solchen Gitarre in London war. Man erkennt sie auf alten Live-Fotos vor allem daran, dass der Toggle-Switch-Ring fehlte. Diese Gitarre verwendete er für die Aufnahmen des ersten Studio-Albums „Fresh Cream“, das zwischen Juli und Dezember 1966 in den Chalk Farm Studios und den Mayfair Studios in London aufgenommen wurde. Es ist also sehr wahr- scheinlich, dass man diese Gitarre auf ,I Feel Free’, ,NSU’, ,Sleepy Time Time’ und ,Spoonful’ hört.

Zeitgleich mit der Gründung von Cream rüsteten Bruce und Clapton auf große 1959 Marshall 100 Watt Superlead-Amps mit jeweils zwei 4×12“-Boxen um. Diese Amps hatten noch Aluminium-Chassis und KT66-Röhren mit einer Anoden-Spannung um etwa 440 Volt. Letzteres ist wichtig, um den frühen Cream-Sound zu verstehen. Bei den Cabinets handelte es sich um ein „slanted“ Top (1960A) mit 4 G12 20-Watt-Lautsprechern sowie um eine „extended straight“ (1960B) mit den gleichen Speakern. Im Prinzip die gleiche Ausrüstung, die Hendrix bald spielen sollte. Die Leistungsangabe auf diesen Boxen lautete damals 75 Watt, weshalb man unbedingt zwei Boxen benutzen musste, um nicht permanent Lautsprecher durchzublasen (was dennoch ständig passierte). Es ist unklar, ob Clapton und Bruce im Studio beide Boxen angeschlossen hatten oder nur jeweils eine. Es gibt aber zahlreiche Berichte aus dem Umfeld des Aufnahme-Ingenieurs John Timperly, dass „die Jungs irrsinnig laut mit riesigen Marshall-Türmen spielten“. In den recht kleinen Aufnahmeräumen war es schwierig, diese enorme Lautstärke in den Griff zu bekommen, zumal die Aufnahmetechnik mit nur vier Spuren sie dazu zwang, alles live einzuspielen. So ist etwa ,Spoonful’ eine komplette Live-Aufnahme einschließlich Gesang. Nur die Harp von Jack Bruce wurde später overdubbed. Für Overdubs musste man sich der so genannten Ping-Pong-Technik bedienen. Das heißt, dass die Basic-Tracks auf eine Mono-Spur zusammen gemischt und im Panorama auf eine Seite gelegt wurde. Eine Technik, die auch die Beatles anwendeten. Die Mischpulte von damals hatten noch keine stufenlosen Panorama-Regler. Es gab nur drei Stellungen für links, Mitte oder rechts. Man konnte das damals bedenkenlos machen, da ohnehin kaum Konsumenten über ein Stereo-System verfügten. In der Regel hörte man die Platten mono.

Cream ‚Wrapping Paper‘:

In der frühen Cream-Phase dominierte deutlich Claptons-Blues-Approach. Daher staunten die Fans nicht schlecht, als mit ,Wrapping Paper’ eine Single erschien, in der ein Piano im Vordergrund stand. Vom Woman-Ton war indes nicht viel zu hören. Außerdem kam ,Wrapping Paper’ als eher harmlose Pop-Nummer daher, die auf nichts schließen ließ, was wir heute mit dem Cream-Sound verbinden. Erst als ,I Feel Free’ veröffentlicht wurde, startete das Erfolgs-Märchen, das Cream zur heißesten Band der damaligen Zeit machte. Zwar führten die Stones und die Beatles abwechselnd die Charts an. Beide Bands machten sich Live jedoch zunehmend rar und experimentierten eher im Studio mit weniger Gitarren-orientierten Klängen. Dennoch hielten die Startschwierigkeiten für Cream noch eine ganze Weile an. Das Live-Set war oft nur 20 Minuten lang, weil einfach Stücke fehlten, die live funktionierten.

Ginger Baker über ‚Wrapping Paper‘:

Es gibt ein paar Bootlegs sowie die BBC-Session-Aufnahmen, die zeigen, dass der spätere Cream-Sound zu dieser Zeit einfach noch nicht stand. Es war eher eine Suche nach dem gemeinsamen Nenner. Zudem waren alle drei zu dieser Zeit noch keine begnadeten Songschreiber. Was blieb, war eben Claptons „attractive“ Sound. Der stand von Anfang an im Mittelpunkt.

Clapton spielte zu dieser Phase im Grunde genauso wie auf dem Bluesbreakers-Album. Die Trio-Besetzung gab ihm jedoch die Möglichkeit, seinen Leadsound noch mehr zu formen. Er spielte praktisch niemals puren Rhythmus, sondern vermischte die Rhythmus- und Lead-Parts zu einem völlig neuen Mix, den Hendrix, Beck und Page später in ähnlicher Weise aufgriffen und zelebrierten. Maximale Freiheit, gleichsam wie ein Jazz-Player. Dank der mächtigen Marshall-Stacks wurde Claptons Ton bei Cream größer und gewal- tiger. Der typisch singende und fette KT66-Sound geriet besonders bei ,Spoonful’ zu seinem Zenit, der sämtliche Gitarren-Kollegen mit ihren „Shredder-Sounds“ frustrieren musste. Nur Hendrix konnte da noch gegenhalten.

Clapton setzte alle Regler wieder auf „10“ und steckte sein Kabel in aller Regel in den „Normal-Channel“ für einen dunkleren Ton. Lautsprecher-Kompression, Endstufen- und Übertrager-Clipping schufen einen Sound, den man bis dato noch nicht gehört hatte. Die Kombination mit einer Les Paul Standard brachte einen Sound hervor, der sich deutlich von den Klängen des Nachfolge-Albums ,Disraeli Gears’, das vorwiegend mit einer SG aufgenommen wurde, unterscheidet. Nach der Aufnahme-Session war Clapton von der geliehenen Les Paul so begeistert, dass er Andy Summers überredete, ihm die Gitarre zu verkaufen. Da dieser ohnehin zur Stratocaster wechselte, sagte er schließlich zu. Das Glück währte jedoch nicht lange, denn schon im Frühjahr 1967 wurde auch diese Gitarre gestohlen.

Equipment At The Marquee

Auf den ersten Live-Shows von Cream (immer wieder im Londoner Marquee-Club) sorgte vor allem die enorme Lautstärke für Aufsehen. Man musste das einfach mal erlebt haben. Schnell sprach sich diese Attraktion herum und zog das Publikum an wie ein übergroßer Staubsauger. Immer noch war das Live-Set kaum länger als eine halbe Stunde.

Das Equipment sah damals wie folgt aus: Nach den ,Fresh-Cream’-Sessions bekam Jack Bruce einen Major 200 Watt Marshall Prototyp mit KT88- Röhren, den er über vier Boxen betrieb. Sein Hauptinstrument war zu dieser Zeit weiterhin ein Fender Six-String-Bass, der im Frühjahr 1967 ähnlich wie Claptons SG von der holländischen Künstler-Truppe „The Fool“ mit psychedelischen Motiven bemalt wurde. Clapton spielte über zwei 1959 Superlead Fullstacks, die entweder mit einem Kabel überbrückt wurden (daisy chained) oder mit einem Y-Splitter-Kabel gleichzeitig angesteuert wurden. Fotos aus dieser Zeit belegen beide Methoden. Clapton spielte vorwiegend die Andy Summers Les Paul, ab Frühjahr 1967 auch eine Gibson Les Paul Custom mit drei PAFs oder seine SG, die von 1964 war und demnach Patend Number Pickups hatte. Als PA diente ein weiterer 200-Watt-Marshall mit den zugehörigen „Column-Speakern“ (jeweils mit 4×12“). Mikros vor den Amps oder am Schlagzeug gab es zunächst noch nicht. Der Sound kam, abgesehen vom Gesang, ausschließlich von der Bühne, gleichgültig, ob Cream im winzigen Marquee auftraten oder in riesigen Hallen. Angeblich standen sie in einem permanenten Wettstreit mit The Who, wer wohl den Titel der lautesten Rockband des Planeten in Anspruch nehmen dürfe. Zeitzeugen sind meist der Ansicht, das Cream dabei stets einen Hauch vorn lagen. Das lag wohl auch an Claptons mächtiger Leadgitarre. Ginger Baker hatte zu dieser Zeit (etwa zum Jahreswechsel 1966/67) schon oft die Nase von diesem Soundgewitter voll. Er klagte über Taubheit, Hörstürze und natürlich den Umstand, dass sein Schlagzeug neben Bass und Gitarre kaum noch zu hören war. Es gibt auch zahlreiche Berichte, dass man den Gesang auf manchen Gigs kaum hören konnte, weil die vergleichsweise leistungsschwache „Gesangsanlage“ nicht mithalten konnte. Da auch die frühen Keramik-20-Watt-Speaker dieser Beanspruchung meist nicht gewachsen waren, bekamen Cream im Frühjahr 1967 neue Boxen mit jeweils vier 25-Watt-Speakern.

Dies war die Geburtsstunde der 100-Watt-Marshall-Box. Der Sound wurde etwas stabiler, stellte aber immer noch genügend Sustain für Claptons unnachahmlichen Woman-Ton zur Verfügung. Ein weiteres Geheimnis liegt wohl in der mit etwa 440 Volt relativ geringen Anodenspannung seiner Marshall-Tops. In Kombination mit KT66-Röhren erhält man so einen wesentlich dunkleren (Brown-)Sound als etwa mit späteren EL34-Modellen, die Anodenspannungen bis zu 560 Volt hatten. Spricht man heute also von einem Plexi-Ton, sollte man schon genauer unterscheiden, welchen Sound man damit meint. Ein 1966er und ein 1968er oder 1969er Marshall klingen aus diesem Grund sehr unterschiedlich, allein aufgrund der Anodenspannungen und der Röhrenbestückung. Man könnte salopp auch sagen, dass der frühe Cream-Ton von Eric Clapton noch näher am Fender-Bassman-Ton angesiedelt ist. Der Klang ist noch weniger aggressiv und brutal.

Dieser Artikel stammt aus der Gitarre & Bass 11/2008


Marshall Boxen

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britrock03Q: Gibt es zwischen den Marshall JCM800- und JCM900-MR-1960-Boxen einen Unterschied oder sind sie absolut baugleich??

Tobias P.

Legendäre Werbung für die JCM800-Serie JCM900 Halfstack

A: Ja – und nein! Denn es kommt darauf an, aus welcher Zeit die JCM800-Box ist. Von 1980 bis 1983 wurden Celestion G12-65 Speaker verbaut, also maximale Belastbarkei von 260 Watt; von 1984 bis 1987 verwendete man G12-70 Speaker (280 Watt) und von 1988 bis 1990 G12-75 T Speaker (300 Watt). Die JCM900-Box ist ebenfalls mit den G12-75T Speakern bestückt und entspricht damit bis auf ihr zusätzlich schaltbares Stereo/Mono-Steckbuchsenfeld der letztgenannten JCM-800-Version. Die Gehäusekonstruktion ist meines Wissens bei diesen Modellen gleich.

06 Marshall Box Inside

Innenleben

Superselten: Park Amps

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1965er Park 45

What a beauty: Park 45 von 1965

Q: Was hat es mit der Firma Park auf sich, die oft in Zusammenhang mit Marshall gebracht wird. War das die gleiche Firma, nur mit einem anderen Logo? Haben die auch die gleichen Lautsprecher benutzt usw.?

Martin

1965er Park Kontoll-Panel

Weiße Chickenheads beim Park 45

A: Ja, du hast Recht. Die Park-Verstärker (der Sechziger Jahre) waren inkl. der verwendeten Lautsprecher tatsächlich mit den zur gleichen Zeit gebauten Marshalls identisch. Für seinen Freund und Geschäftspartner Johnny Jones baute Jim Marshall und seine Mannen ab 1965 aus Marshall-Restbeständen eine eigene Verstärker- und Boxen-Reihe namens Park. Johnnys Firma Cleartone Musical Instruments (CMI), die bis 1965 der Marshall-Vertrieb für Nord-England gewesen war und durch den Vertriebsvertrag von Marshall mit der Firma Rose Morris nun aus dem Spiel, brachte die Park-Produkte bis 1982 in die englischen Läden. Ab 1982 ließ Marshall die Park-Serie auslaufen, um etwa zehn Jahre später den Namen wieder zu beleben – mit einer Reihe günstiger Transistor-Amps, made in Fernost. Die alten Park-Amps sind äußerst selten und daher unheimlich teuer. Man erkennt sie übrigens an den meist weißen Chickenhead-Potiknöpfen.

1965er Park 45 Innen

Innenleben des Park 45

Was ist mein Marshall wert?

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Auch bei Marshall ist die Modellvielfalt im Lauf der Jahre zu groß geworden, um auf jedes Produkt der Firma seit 1962 eingehen zu können. Da dies den Rahmen definitiv sprengen würde, beschränke ich mich im Folgenden auf die relevanten Modellreihen des Herstellers. Zur Info: Die in diesem Artikel kolportierten Preise stammen aus einer Recherche, die um das Jahr 2012 herum stattfand. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Preise in den letzten Jahren noch gestiegen sind und auch weiterhin steigen werden.

Vintage Price Guide_017

Marshall ist berühmt und berüchtigt für den kompromisslosen Rock-Sound ihrer Röhrenmodelle, wenngleich auch einige Transistor-Modelle und durchaus innovative 19″-Produkte wie z. B. die SE 100 Speaker Simulation nicht unerwähnt bleiben sollen. Der wirkliche Wert eines Vintage-Produktes kann nicht alleine auf seine Seltenheit auf dem Markt zurückgeführt werden; man muss bei der Wertermittlung die Nachfrage und den Kultstatus des Objektes mit berücksichtigen, denn längst nicht alles, was selten ist, ist unbedingt ein wertvolles, teures Sammlerschätzchen.

Als Beispiele seien hier der 1978er Lead-100-Transistor-Combo oder das schmale Lead- &-Bass-Transistor-Top sowie das komplette JCM-800-Mosfet-Programm genannt. Alles zwar seltene und im besten Sinne alte Produkte, jedoch kaum interessant für jemand, der auf klassische Sammlerobjekte aus ist. Der Begriff Vintage ist ebenfalls dehnbar: Wo fängt Vintage an, wo hört Vintage auf? In Bezug auf Marshall-Amps kann man es so halten wie die KFZ-Behörde. Auch dort ist alles, was mindestens 30 Jahre alt ist, ein Oldtimer und wird mit dem H-Kennzeichen geadelt und damit von lästigen TÜV-Vorschriften befreit. Umgesetzt auf Marshall heißt das, dass alle Amps bis etwa Ende der JCM-800-Ära 1983 dem Begriff Vintage zuzuordnen sind – aus heutiger 2012er-Sichtweise natürlich.

Was aber nicht heißen soll, dass danach erschienene Produkte nicht auch eine wertsteigernde Entwicklung haben könnten. Aber 1983 ist ein guter Cut zwischen Vintage und Neuzeit, weil sich ab 1984 viele relevante, produktionstechnische Änderungen ergeben haben, die sich grundsätzlich auf die Konzeption der Produkte auswirkten, wie z. B. printed PC-Boards (maschinell bestückte Leiterplatten, auf die auch noch die Potis montiert wurden), vermehrte Verwendung von Halbleitertechnik etc. pp. Aber auch hier gibt es Ausnahmen wie z. B. die Silver Jubilee-Serie von 1987. Ein weiterer Grund für die Separierung von Vintage und Neuzeit nach 1983 ist die der JCM-800- nachfolgende neuzeitliche JCM-900-Serie, die bis 1999 gefertigt wurde und dann von der JCM2000-Reihe abgelöst wurde.

Pi mal Daumen

Generell kann man für alle nicht in diesem Guide aufgeführten Produkte von einem marktüblichen Wiederbeschaffungswert von ca. 50 Prozent des originalen Verkaufspreises bei gutem Originalzustand ausgehen. Bei den relevanten, hier gelisteten Produkten bin ich zum einen von den momentan real erzielbaren Marktpreisen ausgegangen, habe dabei aber die Preisspanne für Geräte im hundertprozentig unmodifizierten Originalzustand zugrunde gelegt! Die ermittelten Preise sind reine Schätz- und Erfahrungswerte, die als Richtung oder Indikation unter der genannten Voraussetzung „Originalzustand“ verwendet werden können. Wenn wichtige Bauteile wie Ausgangsübertrager, Netztrafos und Potis ausgetauscht wurden oder das Gehäuse neu bezogen wurde, sind unter Umständen Abstriche von bis zu 50 Prozent einzukalkulieren!!!

Viele der alten Marshall-Verstärker wurden modifiziert. Da wurde in die Schaltung eingegriffen sowie der Amp mit Einschleifwegen, Master-Volume-Reglern oder Sonstigem gepimpt oder „upgegradet“, was oft an geänderten Netzkabelbuchsen, zusätzlichen Potentiometern oder Buchsen- und Bohrlöchern zu sehen ist. Darauf ist beim Kauf eines Vintage-Marshalls unbedingt zu achten, denn Änderungen dieser Art wirken sich ebenfalls drastisch auf den Wert aus. Anders liegt der Fall bei Verschleißteilen wie z. B. den Sieb-Elkos, die nach ca. 25 Jahren austrocknen und zu deutlich höheren Störgeräuschen und schlechterer Signalsiebung führen, oder natürlich den Röhren, die nach vielen Betriebsstunden auch irgendwann einmal den Geist aufgeben. Wobei alte Telefunken, Brimar oder Mullards von der Qualität deutlich besser sind als heute erhältliche Fernoströhren. Wie schön, dass man heute die guten, alten, tschechischen „Warschauer Pakt“-Röhren von JJ Tesla und andere wieder beziehen kann.

Vintage Price Guide_01

1965er JTM 45 mit Block-Logo

Bei solchen Ersatzteilen ist das wie bei einem Oldtimer: Wenn man ihn fahren will, muss man hin und wieder auch frische Reifen aufziehen und die Bremsen neu machen lassen. In wenigen Einzelfällen können auch wesentlich höhere Preise als die in der folgenden Liste relevant sein. Beispielsweise dann, wenn das 30 oder 40 Jahre alte Objekt der Begierde noch in der Original-Verpackung im Neuzustand daherkommt oder wenn es sich um eine Sonderanfertigung für einen prominenten Rock-Star handeln sollte.

Da dies aber eher die Ausnahmen sind, habe ich solche Fälle nicht mit berücksichtigt. Ein interessanter Aspekt ist der, dass die Preise in Europa deutlich moderater als z. B. in den USA, Australien oder Japan sind. Dies hat wohl damit zu tun, dass Marshall aus England kommt und somit die Produkte in Europa währungseinheitlich ohne Zölle und sonstige Kosten eingeführt werden können und hier auch sehr weit verbreitet sind. Meinen Vintage-Price-Guide habe ich in folgende Punkte unterteilt:

• JTM 45, Tops und Combos
• JMP 50 Watt, Tops und Combos
• kleine 18 Watt/20 Watt Tops & Combos
• JTM 45 100 Watt, Topteile
• JMP 100 Watt, Topteile
• Major 200 Watt, Topteile
• PA-Produkt
• JMP „brushed alu“, Tops & Combos von 1969 bis 1981
• JCM 800 Serie inkl. Silver Jubilee Serie, Tops und Boxen
• Transistor- und Rack-Equipment

JTM 45 Tops & Combos bis 1966

Die ersten Lead-Modelle (Modell-Nr. 1987) und Bass (Modell-Nr. 1986) sind heute praktisch unmöglich zu bekommen. In den Jahren 1962 und 1963 wurden inklusive einiger Prototypen weniger als 50 Verstärker gebaut und ausgeliefert (siehe den Artikel über die Datierung von Marshall-Amps an anderer Stelle). Preise hierfür, wenn man denn einen findet, können zwischen € 15.000 und € 25.000, vielleicht sogar noch höher liegen – aber das ist Spekulation. Wenn ihr also auf einem Speicher einen „sandwich panel“ JTM 45 mit „metal badge maroon logo“ entdeckt, seid ihr der Finder des heiligen Grals und habt einen guten Grundstock für die Rente sicher. Und auch eine sichere Geldanlage.

Vintage Price Guide_06

1966er JTM 45 mit Script-Logo

1964er und 1965er Modelle dieses Typs findet man ebenfalls sehr selten, hin und wieder werden sie noch angeboten und sind dann zwischen € 8000 und € 12.000 zu haben. Hier kommt zur Lead- und Bass-Version noch eine PA- und eine Organ-Version. Die LeadVersion ist die begehrteste, gefolgt von der Bass-Version, und kann deswegen weitaus teurer sein als die PA- oder Organ-Version, die ca. 25 % günstiger gehandelt werden. Ab 1966/67 bekommt man schon eher mal einen JTM 45 unter € 10.000, hier muss mit € 6000 – 8000 gerechnet werden. JTM-45-Tremolo-Combos der ersten „thick cabinet“-Generation sind weitaus seltener als die Tops und werden für € 12.000 – 15.000 gehandelt.

JTM 45 100 Watt Tops

Nur von Ende 1965 bis Anfang 1967 wurden diese ersten 100-Watt-Amps gebaut, die dementsprechend sehr selten und umso mehr gefragt sind. Wenn man einen findet, muss man mit einem Preis zwischen € 6000 – 8000 rechnen. Diese Version gab es als 1959 Super Amplifier, 1992 Bass Amplifier und als Super PA-Version mit acht Eingängen. Letzterer wird deutlich günstiger angeboten (€ 3500 – 4000).

Vintage Price Guide_04

1965 Bluesbreaker-Combo, Style 1

18- & 20-Watt-Tops & Combos 1966-68

Diese Verstärker zählen zu den meist gesuchten Marshalls überhaupt! Originale 18 Watt starke Mini-Bluesbreaker-Combos von 1966 bis 1968 (Stock-No. 1958, 2×10″, 18-W-Combo; 1973, 2×12″, 18-WattCombo; 1974, 1×12″-18-W-Combo) bringen durchaus € 8000 – 12.000, doch hier ist besondere Vorsicht geboten, denn gerade von diesen Amps gibt es viele Fälschungen!

Die 20-Watt-Tops, die Marshall teilweise auch als Reissues wiederaufgelegt hat und die einen fast identischen Schaltkreis haben, sind deutlich günstiger zu bekommen, ab € 1500 – 2500. Auch diese sind als Lead-, Bass- und PA-Versionen erhältlich. Zu erwähnen wäre der noch kleinere Poplar 10-Watt-Combo (Modell-Nr. 1930), der gerne auch mal als Mini-Bluesbreaker angeboten wird, aber klanglich nicht an den größeren Bruder heranreicht, da er eine völlig andere Schaltung besitzt.

JMP Serie

Ein 50 Watt starker Plexi-Panel-JMP-Small-Box-Top von 1967 bis 1969 bekommt man für ca. € 4000 – 6000. Auch hier sind die so genannten Bluesbreaker-Tremolo-Combos die Ausnahme, weil sehr gefragt und selten. Für das 2×12″-Modell (Modell-Nr. 1962) muss man um die € 10.000 anlegen, für das 4×10″-Modell (Modell-Nr. 1964) ca. € 7000 – 8000.

100 Watt JMP Plexi Tops 1967 bis 1969

Diese Amps sind in den Super-Lead- (Modell-Nr. 1959, gerne auch Jimi-Hendrix-Amp genannt) oder Super-Bass-Versionen (Modell-Nr. 1992) am meisten gefragt und kosten im Originalzustand zwischen € 4000 und € 6000. Günstiger sind die Super-Tremolo- und SuperPA-Versionen mit ca. € 2800 – 3500.

200 Watt Major

Dieses Kraftwerk ist sehr rar, spricht aber auch nur einen kleinen Teil der Player und Sammler an, da es mit seinen vier KT-88-Endröhren für die meisten Einsatzbereiche schlichtweg viel zu laut ist. Der bekannteste Player, der diesen Amp einsetzte, war Richie Blackmore von Deep Purple, aber auch DavidBowie-Gitarrist Mick Ronson spielte diesen Boliden. Auch hier gibt es eine Lead- (Modell-Nr. 1967), eine Bass- (Modell-Nr. 1978) sowie eine PA-Version (Modell-Nr. 1966). Sein Preis ist schwer einzuschätzen, da er sehr selten auftaucht und kaum eine Nachfrage besteht, aber ich würde ihn grob zwischen € 2000 und € 3000 für ein komplett originales Exemplare taxieren. Es gibt neben den klassischen PA-Topteilen auch diverse 50 und 100 Watt starke PA-Amps als 4- Kanal-Versionen, die für Sammler nicht sehr interessant sind, wohl aber z. B. wegen der Transformatoren und anderer Bauteile als Ersatzteillager für wertvollere Super-Lead- und Super-Bass-Amps.

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1971er JMP 1987 Super Lead 50-Watt-Top, hier im schmucken Red Levant

Als Beispiele seien hier die Modell-Nr. 2009 (100 W), 2010 (50 W) und 2011 (20 W) sowie die Modell-Nr. 2002 (50 Watt) genannt. Preise hierfür hängen dabei noch stärker als sonst vom Originalzustand ab, sie sind aber nicht selten für um die € 1000 und sogar darunter zu bekommen. Ab Juli/August 1969 wurden die berühmten Plexi-Schilder der JMPSerie durch gebürstetes Aluminium ersetzt. Diese sind von der Schaltung nahezu identisch mit ihren Plexi-Vorgängern, werden aber wesentlich günstiger gehandelt.

Deutlich wertsteigernd sind allerdings custom colours, man muss im Vergleich zu einem identischen schwarzen Amp mit 60 bis 80 % Aufschlag rechnen. Die häufigste custom colour, die Marshall verwendete, war Rot, gefolgt von Lila (Purple) und Weiß. 1972 und 1973 gab es zudem noch orangene, 1977 bis 1979 beigefarbene (fawn) Marshall-Verstärker. Die folgende Auflistung und die darin enthaltenen Preise beziehen sich auf Verstärker, die mit dem standardmäßigen, schwarzen Tolex bezogen sind.

Handverdrahtete erste Serie 07/1969 A bis 03/1974

100 Watt
• Super Lead, Modell 1959: € 2200 – 2600
• Super Bass, Modell 1992: € 2000 – 2400
• Super Tremolo, Modell 1959T: € 1300 – 1500
• Super PA, Modell 1968: € 1300 – 1500 Artiste, Modell 2068: € 700 – 900

50 Watt
• Small Box Lead, Modell 1987: € 2200 – 2400
• Small Box Bass, Modell 1986: € 1800 – 2200
• Small Box Organ, Modell 1989: € 1400 – 1600
• Small Box PA, Modell 1985: € 1400 – 1600
• Big Box Lead, Modell 1987: € 1800 – 2200
• Big Box Bass, Modell 1986: € 1600 – 1800
• Big Box PA, Modell 1985: € 1200 – 1400
• Big Box Organ, 1989: € 1200 – 1400
• Tremolo Combo: € 1800 – 2200
• Artiste Top, Modell 2048: € 700 – 900
• Artiste Combo, Modell 2040, € 700 – 900

20 Watt und kleiner
• Mini-Top Lead, Modell 2022;
• Bass, Modell 2019; PA, Modell 1917; Lead & Bass, Modell 2061: je € 1200 – 1400
• Combo, Lead, Modell 1973; Lead & Bass, Modell 1974: € 1400 – 1600
•  Poplar Combo (10 Watt), Modell 1930: € 600 – 800
• Mercury Combo (5 Watt), orange oder rot, Hybrid-Technik: € 600 – 800. Der Mercury war nur über Mailorder von 1972 – 1975 zu erwerben

Zweite JMP Serie: Printed PCB, altes Gehäuse, 04/1974 –F – 10/1976 –H

100 Watt
• Super Lead MK II, Modell 1959: € 1400 – 1600
• Super Bass MK II, Modell 1992: € 1300 – 1500
• Super Lead Master-Vol. MK II, Modell 2203: € 1500 – 1700
• Artiste Top, Modell 2068: € 600 – 800

50 Watt
• Big Box Lead, Modell 1987, MK II: € 1300 – 1500
• Big Box Bass, Modell 1986, MK II: € 1200 – 1400
• Lead Master Vol MK II, Modell 2204: € 1400 – 1600
• Big Box Lead & Bass, Modell 1964, MK II: € 1500 – 1800
• Combo Lead & Bass, 2×12″, Mod. 2100, MK II: € 2200 – 2500
• Artiste Combo, Modell 2040, MK II: € 600 – 800
Artiste Top, Modell 2048, MK II: € 600 – 800

Dritte JMP Serie: Printed PCB Gehäuse Style 2, Ende 1976 – 03/1981

100 Watt
• Modell 1959, Super Lead MK II: € 1300 – 1500
• Modell 1992, Super Bass MK II: € 1200 – 1400
• Modell 2203, Super Lead MK II, Master-Vol.: € 1200 – 1400
• Modell 2103, Master-Vol., 2×12″-Combo MKII: € 700 – 900
• Modell 2159, Lead 2×12″-Combo MK II: € 700 – 900
• Modell 2959, 1959-Top mit Reverb und Boost: € 700 – 900

50 Watt
• Modell 1987, Big Box Lead, MK II: € 1100 – 1300
• Modell 1986, Big Box Bass, MK II: € 1000 – 1200
• Modell 2204, Lead, Master-Vol., MK II: € 1100 – 1300
• Modell 2104, Master-Vol., 2×12“-Combo, MKII: € 800 – 1000
• Modell 2187, Lead, 2×12″-Combo, MK II: € 700 – 900
• Modell 2144, Lead, 2×12″-Combo m. Reverb + Boost: € 700 – 900

JCM 800 Serie 1981-1983: Freies PC Board, Inputs übereinander

Vintage Price Guide_014

1968er 1959 Super Lead Plexi − der Sound, der Legenden schuf

100 Watt
• Modell 1959 Super Lead MK II: € 800 – 1000
• Modell 1992, Super Bass, neue Schaltung: € 800 – 1000
• Modell 2203, MK II, Lead, Master-Vol.: € 1000 – 1200
• Modell 4103, Master-Vol. 2×12″-Combo: € 600 – 800

50 Watt
• Modell 1987, Lead, MKII: € 700 – 900
• Modell 1986, Bass: € 600 – 800
• Modell 2204: MK II Lead, Master-Vol.: € 800 – 1000
• Modell 4104, Master-Vol., 2×12″-Combo: € 600 – 800
• Modell 4010, Lead, 1×12″- Combo: € 500 – 700

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Die Stil-Ikone der 80er Jahre: JCM 800 2204 MK II Top

JCM 800 Serie: 1983-1990

Die Potis sind auf der Leiterplatte montiert (PC Board fixed). Alle Modelle sind im Vergleich zur ersten JCM-800-Serie 20 – 25% günstiger zu taxieren. Zusätzliche Modelle:

100 Watt
• Modell 2210, Master-Vol., zweikanalig, Reverb: € 600 – 800
• Modell 4211 Combo, 2×12″-Version des 2210: € 500 – 700
50 Watt
• Modell 2205, Master-Vol., zweikanalig, Reverb: € 600 – 800
• Modell 4212, Combo 2×12″-Version des 2205: € 500 – 700
• Modell 4210 Combo, 1×12″-Version des 2205: € 400 – 600

Silver Jubilee Series 25/50 Limited Edition 1987 – 1989

100 Watt
• Modell 2555, Lead, Pentode/Triode schaltbar auf 50 Watt: € 1600 – 1800

50 Watt
• Modell 2550 Lead, Pentode/Triode schaltbar auf 25 Watt: € 1400 – 1600
• Modell 2553 Lead, small box, Pentode/Triode schaltbar auf 25 Watt: € 1200 – 1400
• Modell 2554, Lead 1×12″-ComboVersion des 2550: € 1000 – 1200
• Modell 2558, Lead, 2×12″-ComboVersion des 2550: € 1100 – 1300

Boxen
• Modell 2551 A und 2551 B, 4×12″ Boxen, 280 Watt: je € 500 – 600
• Modell 2556 A und 2556 B, Mini Stack 2×12″-Boxen: € 350 – 450

Boxen

Hier sind nur die wichtigsten Typen inklusive einiger rarer Obskuritäten aufgezählt. Nicht berücksichtigt sind z. B. die PA-Säulen, die es in der Regel in allen gängigen Kombinationen gab (2×10″, 4×10″, 2×12″ und 4×12″). Die PA-Boxen sind wesentlich günstiger als die Standard-Marshall-Boxen, aber auch nur wegen der Lautsprecher-Sätze interessant. Sie werden dementsprechend selten angeboten. Auch die 15″- und 18″-Boxen-Varianten finden sich nicht in der folgenden Aufstellung, da diese selten, aber dennoch für den Sammler kaum interessant sind.

4×12-Boxen
• Modell 1960 A und B, gebaut 1962 bis 1965, weiße Frontbespannung, Ledergriffe, Celestion G12 15 W Alnico: € 4000 – 6000
• Modell 1960 A und B, gebaut 1966 – 1967, pinstripe Bespannung, Celestion G 12 20 W Greenbacks: € 2400 – 3200
• Große 1967er Box 1960 B, sehr rar: € 3000 – 4000
• Modell 1960 Lead/1982 A + B, gebaut 1968 bis 1971, Basket-Weave-Bespannung, Celestion G12M 25 W oder G12H 30 W Greenbacks: € 1800 – 2200
• Modell 1935 Bass A + B: € 1600 – 1800
• Modell 1960 A+B, gebaut 1972 bis 1975, bis 1978 in USA, Checkerboard-Bespannung: € 1200 – 1400
• Modell 1935 A+B, cream back, gebaut 1973 bis 1974, (von 1975 bis 1978 Blackback Celestions): € 1100 – 1300
• Modell 2032, gebaut 1971 bis 1973, hohe Box, schräg, (größer als das 8×10″-Modell 1990), 4×12″: € 1000 – 1200
• Modell 2035 A+B, gebaut 1970 bis 1972 Lead& Organ, 4×12″ mit Horn: € 700 – 1000
• Modell 2036, gebaut 1972 bis 1974, Lead & Organ, 4×12″ mit Horn: € 600 – 800
• Modell 2069, gebaut 1973 bis 1977, Box für Artiste Top, hoch, gerade, 4×12″: € 600 – 800
• Modell 1960 A+B, gebaut 1976 bis 1981, JMP Serie, schwarze Bespannung, 4×12″, 25 oder 30 Watt Blackback-Celestions, ab 1979 65 Watt Celestions: € 400 – 600
• JCM Serie, gebaut 1981 bis heute – Modell 1935 A+B (bis 1983) 260 Watt: € 450 – 500
• Modell 1960 A+B, 280/300Watt: € 300 – 400
• Modell 1960TV, gebaut von 1990 bis heute, hohe Version der schrägen 1960B, G12 25 W Greenbacks, passend zu JTM 45 Reissue Amp: € 400 – 600.

2×12-Boxen
• Modell 1972, gebaut 1964 bis 1965, Erweiterungs-Box für Bluesbreaker Combo, extrem rar € 6000
• Modell 1972, gebaut 1966/1967, Extension Box, wie oben, jedoch hochkant: € 800 – 1200
• Modell 2045, gebaut 1971 bis 1976, Lead & Bass & Organ Extension Box: € 600 – 800
• Modell 2049, gebaut 1973 bis 1977, Extension Box für Artiste Top, hoch, gerade, 2×12″: € 400 – 600 • Modell 2196, gebaut 1976 bis 1980, hochkant, in 4×12″-Gehäuse: € 300 – 350
• Modell 1936, erste Version (gleiches Maß wie 2045), gebaut 1977 bis 1981, Extension Box für JMP Combo, sehr selten, Griff oben, keine Griffschalen: € 500 – 600
• Modell 1936, gebaut von 1982 bis heute, Extension Box, tieferes Modell mit seitlichen Griffschalen: € 250 – 350
• Modell 1966 A+B, Mini Stack, gebaut 1985 bis 1991, für 3210- Top: ca. € 250
• Modell 1922, gebaut von 1989 bis heute, kleinere 2×12″-Version des Modells 1936: € 200 – 250

4×10/8×10-Boxen
• Modell 1990, gebaut 1967 bis 1972, hoch, schräg, 8×10″, small box mit der JMP-50- Breite: € 1200 – 1400
• Modell 2034, gebaut 1970 bis 1973, wie Modell 1990, jedoch big box mit JMP 100-Breite, sehr selten: € 1000 – 1200
• Modell 2038, gebaut 1972, 4×10″: € 600 – 800
• Modell 1965, A+B, gebaut 1984 bis 1991, 4×10″: € 200 – 300

Vintage Price Guide_09

1966er 4×12″-Box, bestückt mit 20-WattGreenbacks

Transistor- & Rack-Produkte
• Lead & Bass Transistor Top, gebaut 1973 bis 1978, flaches Gehäuse: € 200 – 250
• Modell 2199, JMP Master Lead 100, 1×12″-Transistor-Combo, gebaut 1978: € 300 – 400
• SE-100 Speaker Simulator/Power Attenuator, gebaut 1989 bis 1993, 19″, 2 HE: € 280-350
• 9001 Tube Preamp, 1989 bis 1993, 19″, 1 HE: € 250 – 300
• MGP 9040, 1989 bis 1993, 200 Watt starke Stereo-Endstufe und Modell 9005, 500 Watt Stereo-Endstufe: je ca. € 300 – 400
• JMP-1 MIDI Tube Preamp, gebaut von 1992 bis 2006, 19″, 1 HE: € 350 – 550
• Power Brake, Power Attenuator, gebaut ca. 1992 bis 1994: € 250 – 300

Wie alt ist mein Marshall? Seriennummern & Datierungshilfen

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Ähnlich wie bei den Produkten der etablierten US-Hersteller Fender und Gibson ist die Datierung der Marshalls aus den Anfangstagen bis ca. 1969 allein anhand von Seriennummern schwierig. Man muss die Konstruktion, die technischen Details und die optischen Merkmale der verschiedenen Epochen mit in Betracht ziehen, um eine einigermaßen sichere zeitliche Eingrenzung vornehmen zu können.

Datierungshilfe_013

Ein JMP50 von 1968 (small box) auf einem JMP 100 Plexi (big box) aus dem gleichen Jahr°

Auch haben die bei Marshall verwendeten elektronischen Bauteile leider keine typischen Date-Codes wie etwa die des amerikanischen Poti-Herstellers CTS mit seinem Zahlensystem (137 YYWW), das eine zeitliche Zuordnung der Potis, und damit auch oft der Produkte, in die sie verbaut worden sind, kinderleicht macht. In unserer Aufstellung haben wir daher großen Wert auf die Beschreibung der äußeren und inneren Eigenschaften der Marshall-Amps und -Boxen gelegt, sodass jeder anhand dieser Details das Baujahr eines Produktes ermitteln kann. Generell kann man die Marshall-Zeitschiene bis 1992 in drei Hauptperioden einteilen: A: 1962 bis 1964 B: 1965 bis Juni 1969 C: Juli 1969 bis September 1992.

A.) Frühzeit (1962 bis 1964)

Die ersten Prototypen haben gar keine Seriennummer, und als man begann, welche zu vergeben, war die erste die 1001. Prototypen tragen intern die Bezeichnung MK I. Die ersten in den regulären Verkauf gekommenen Serienmodelle beginnen bei Seriennummer 1004 und haben wegen kleinerer technischer und kosmetischer Anpassungen ab Anfang 1963 die Bezeichnung MK II.

Die Chassis der ersten Amps sind noch aus Aluminium, was zwar leicht zu verarbeiten ist, aber mit der Zeit brüchig werden und den schweren Transformatoren nachgeben kann. Ab ca. 1965 verpasst man den Chassis an den Seiten deswegen große Aluminiumblöcke zur Stabilisierung. Die frühen Modelle haben Radio Spares (RS) Netz-Transformatoren und -Ausgangsübertrager, eine ungelochte braune Pertinax-Lötleiste sowie vorne eine polierte Bedienungs-Panele aus Alu. Die weiße Kunststoff-Panele der Rückseite zeigt nur einen Boxen-Output und die berühmte „Schweinenase“-Netzbuchse. Es gibt noch keine Ohmund Main-Power-Selektoren zum Umstecken, die Spannung muss auf dem Netztrafo direkt umgesteckt werden. Das erste Marshall-Schild ist sehr klein, silbern und hat ein dunkelrotes („maroon“) Logo. Die Gehäuse sind mit glattem, schwarzem Tolex bezogen und haben auf der Frontseite unter einer schwarzen Lippe mit dem silbernen Schild eine weiße Stoffbespannung – das sehr seltene, sogenannte Sandwich Panel. Ab 1964 erfolgt der Wechsel zu weißen Kunststoff-Controlpanels mit schwarzen Reglerknöpfen.

Ein JTM45 aus der ersten Serie (1963)
mit poliertem Alu-Frontpanel 1964er JTM45 MK II, weiße Panele,
„maroon" Block-Logo Ein JTM45 mit Plexi-Front-Panele von
Ende 1965 oder Anfang 1966)

Das kleine Silberschild wird ab Herbst 1964 gegen ein weiß unterlegtes, großes Block-Logo-Plexischild mit rotbraunem („maroon“) Schriftzug ersetzt und die Front komplett mit schwarzem Tolex ohne Lippe bezogen; außerdem kommt ein weißes Front-Bedienpanel (adäquat zum rückwärtigen Panel) zum Einsatz. Anfang 1965 taucht das Marshall-Schild in Gold mit schwarzer Schrift (das sogenannte Block-Logo) auf. Wenig später kommen die ersten goldenen Front-Control-Panels aus Plexiglas auf. Jetzt haben die Regelknöpfe eine weiße Front. Es gibt zunächst nur die Lead- und Bass-Versionen, die sich nur durch einige wenige Bauteile in der Vorstufe auf der Lötleiste unterscheiden. Denen folgte eine PA-Version, die an den zwei Boxen-Ausgängen zu erkennen ist.

1000er Serien Nummern = 1963
2000er Serien Nummern = 1964

Doch Obacht: dieser Nummernkreis gilt nur, wenn die oben beschriebenen Details zutreffen! Marshall-Amps aus dieser Periode sind praktisch unmöglich zu finden, da sie nur in England und in extrem kleinen Stückzahlen verkauft wurden (ca. 35 bis 50 Stück). Davon dürften heute kaum noch Exemplare existieren und wenn, dann sind sie in sicherer Sammlerhand oder in Museen.

Datierungshilfe_04

Einer der ersten 1965er JTM 45/100 WattAmps mit zwei Ausgangsübertragern!°

B.) Die Plexi-Ära (1965 bis 1969)

Gegen Ende 1965 taucht das uns allen gut bekannte, heute noch verwendete Marshall Script-Logo auf, in Weiß mit goldener oder silberner Oberfläche. Die ebenfalls heute noch verwendeten braunen, geriffelten Potiknöpfe mit Goldkappe werden ebenfalls eingeführt. Die braune Pertinax-Lötleiste wird ab ca. diesem Zeitpunkt gelocht. Die Endröhren wechseln von den anfangs verwendeten 5881/6L6- auf die in England gebräuchlicheren KT66-Typen, Mullard/Brimar wird nun Hauptlieferant für Röhren. Durch den Röhrenwechsel steigt die Ausgangsleistung des JTM45 von 35 auf ca. 40 bis 45 Watt, der Sound wird aggressiver und bekommt mehr Biss. Die Stock-Nr. 1986, eine sogenannte Orgel-Version, wird eingeführt, neben einer Tremolo-Version und dem ersten Bluesbreaker Combo mit 2× G12-Celestion- (Stock-Nr. 1962) oder 4× G10 Celestion-Speakern (Stock-Nr. 1961), der die MKIV-Bezeichnung erhielt. (MKIII war zunächst die Stock-Nr. 1963, die PA-Version, die dann in JTM50 umbenannt wurde). Die ersten 100 Watt Prototypen werden für Pete Townshends Anforderungen nach mehr Lautstärke und Druck entwickelt. Diese haben noch die JTM45- MKII-FrontPanels, zwei RS-Ausgangsübertrager sowie vier KT66- Röhren!

1966 tauchen bei den JTM45/50 Amps die ersten Drake-Ausgangsübertrager auf (Teile-Nr. 784-103, auf den silbernen Metall Trafo-Deckel gestempelt) Aufgrund der mittlerweile schwerer zu bekommenden KT66-Röhren wird zeitgleich auf die EL34-Endstufenröhre umgestellt. Außerdem ersetzt kurze Zeit später die GZ34-Gleichrichter-Röhre bei den 1987- Lead- und 1986-Bass-50W-Amps ein Transistor-Gleichrichter. All das macht den jetzt 50 W starken Amp noch lauter und aggressiver. Die bernsteinfarbene runde Kontrollleuchte wird nun durch die rote quadratische ersetzt.

1967 wird das Alu-Chassis gegen ein stabileres aus Stahl ersetzt. Die Frontpanels zeigen das inversed „Flag“- JTM-Logo (goldene Schrift auf schwarzem Grund). Die legendären, hohen Dagnall-(EVHBrown-Sound) Netztrafos kommen bei der 100-Watt-Serie zum Einsatz. (nur 1967 zu finden!) Im gleichen Jahr erscheint der erste 200 Watt starke Major Amp mit KT88-Endröhren, der liebevoll aufgrund wohl seines säuischen Gewichts „The Pig“ getauft wird. Die Front Panels erhalten Ende 1967 den Aufdruck JMP (Jim Marshall Products). Auf den rückseitigen Panelen werden sogenannte Modell-Prefixes eingeführt, die vor der Seriennummer stehen und die Auskunft darüber geben, um welchen Amptyp es sich handelt:

SL/ xxxx = Super Lead 100 W (Modell-Nr. 1959)
SB/ xxxx = Super Bass 100 W (Modell-Nr. 1992)
ST/ xxxx = Super Tremolo 100 W (Modell-Nr. 1959 T)
SP/ xxxx = Super PA 100 W (Modell-Nr. 1968)
xxxx/A = 200 W Major (Modell-Nr. 1967 Lead, 1978 Bass, 1966 PA)
S/ xxxx = 50 Watt (Modell 1987 Lead, 1986 Bass, 1989 Organ, 1985 PA)
T/ xxxx = 50 Watt Tremolo (Bass/Organ-Schaltung)

1968 werden die Daly Sieb-Elkos von der Lötleiste auf das Chassis zu den Trafos hin verlegt. Die braune Pertinax Lötleiste ist Ende des Jahres wieder ungelocht. Man beginnt damit, die Lötpunkte mit roten Lackpunkten zu versiegeln. Die Netztrafos werden generell nur noch liegend verbaut (Drake bei den 50-Watt-Modellen, Dagnall bei den 100-Watt-Modellen). Seriennummern lassen sich für den Zeitraum 1965 bis 1969 zur Datierung nicht verwenden, da sie mehrfach in verschiedenen Stilen vergeben werden: Fenster (Window Style), gestempelt oder gedruckt (wie bei den Reglerbezeichnungen auf der Frontpanele). Die Nummern bewegen sich alle im 10.000er bis 12.000er Bereich.

C.) Juli 1969 bis 1992

Im Juni 1969 wurden die Front- und BackPlexiglas-Panels auf gebürstetes, goldenes Aluminium umgestellt und ab Juli 1969 so ausgeliefert. Außerdem wird ein neues Seriennummern-System eingeführt, das es jetzt ermöglicht, das Baujahr genau zu bestimmen. Auch haben die Marshalls auf dem Chassis einen Endkontrolle-Aufkleber, der ab dieser Zeit in den meisten Fällen im Feld „Test“ ein handschriftliches Tagesdatum des Endtests aufweist. Die Date-Codes folgen nun diesem Schema: 1969 u. 1970: Modell-Prefix/Fertigungsnummer/Jahres-Kennung durch einen Buchstaben. Der Buchstabe B wird als Jahres-Kennzahl nicht vergeben, da der erste Run versehentlich über 18 Monate bis Ende 1970 fortgesetzt worden war. Ebenso tauchen hier I, O und Q nicht auf, aufgrund ihrer optischen Ähnlichkeit zu Zahlen. Ab Januar 1984 bis Oktober 1992 wird der Buchstabe, der das Jahr kennzeichnet, dann vor die Seriennummer gesetzt. Der Buchstabe Z wurde ebenfalls für zwei Jahre (1991 und 1992) verwendet, da das neue Barcode-System noch nicht fertig implementiert war.

Inspektions-Aufkleber, „Assembly"
zeigt den Amp-Typ, „Test“ das Datum
(27.05.1970) Rechts die Schweinenase-Buchse für
das Netzkabel Die braune Pertinax-Lötleiste eines
Bass-Tops von 1970 Cremefarbene Lötleiste eines SuperLead-Tops
von ca. 1972 Die Seriennummer eines S/A 6847A
eines JMP50 von 1970

Hier die Buchstaben-Baujahr-Beziehungen:

A = 1969
A = 1970
C = 1971
D = 1972
E = 1973
F = 1974
G = 1975
H = 1976
J = 1977
K = 1978
L = 1979
M = 1980
N = 1981
P = 1982
R = 1983
S = 1984
T = 1985
U = 1986
V = 1987
W = 1988
X = 1989
Y = 1990
Z = 1991
Z = 1992

Die Prefixe, die das Modell kennzeichnen, werden um den Buchstaben A (für Amplifier) nach dem Schrägstrich (/) ergänzt. Hier einige Beispiele:

SB/A 2627A = Super Bass, September 1969.
SL/A 2673A = Superlead, September 1969.
S/A 6847A = JMP50 Bass, Mai 1970.
S/A 5726A = JMP50 Lead, Februar 1970.

Der Schnitt zwischen 1969 und 1970, also die Jahrgänge, für die beide der Buchstabe A steht, liegt etwa bei der Fertigungsnummer 4750A Ab 1989: Steht ein RI vor der Seriennummer, handelt es sich um ein Reissue-Modell. Das Barcode-System, das ab Oktober 1992 eingeführt wird, ist neunstellig und in Jahr, Fertigungsnummer und Monat gegliedert (YYNNNNMM).

Beispiel: 943213408 = 1994, Fertigungsnummer 32134, August Der Barcode befindet sich auf einem Aufkleber auf der rückwärtigen Panele. Hier noch einige interessante Facts für den, der es ganz genau wissen will:

  • ab 1971 erfolgt der Wechsel von der braunen zur cremefarbenen Lötleiste.
  • ab Frühjahr 1974 gibt es gedruckte Leiterplatten mit Lötbahnen, auf denen Marshall und die jeweilige Modellbezeichnung (z. B. 2203) aufgedruckt ist.
  • ab 1984 sind JCM-800-Platinen verbaut und die Potis direkt auf die Platinen gelötet.
  • bei den 100-Watt-Amps ab 1970 wurden parallel die Netztrafos stehend und liegend montiert, ab Frühjahr 1971 nur noch stehend.
  • bei den 1987-Lead- und 1986-Bass-JMP50-Modellen waren die Trafos (Drake 1202 118) allerdings liegend verbaut – bis Ende 1973 in Europa! In den USA-Export-Modellen waren sie ab 1971 stehend montiert.
  • Ab September/Oktober 1971 erfolgt die Anpassung der JMP50-Gehäusegröße an die größere der 100-Watt-Amps. Bis Ende 1972 werden gleichzeitig small- und big-box-Versionen dieses Amps angeboten, um die Altbestände der kleineren Gehäuse aufzubrauchen.
  • ab 1972 erscheint ein neues, schwarzes Typenschild mit der Modellbezeichnung und löst das weiße Sixtier-Typenschild und das kleine Stock- No.-Schild in der linken oberen Rückwandecke ab.

Boxen

Die Datierung von Marshall-Boxen nach ihren Seriennummern ist kaum möglich. Hier helfen aber die Date Codes der von Marshall verwendeten Celestion-Speaker, aber natürlich können Lautsprecher ausgetauscht worden sein, was eine genaue Datierung erschwert. Eine Eingrenzung des Baujahres sollte sich deshalb auch nach Konstruktionsmerkmalen und Baumaterialien wie Tolex, Frontbespannung und Hardware richten. Um zu ermitteln, ob die Speaker original oder schon ausgetauscht sind, können folgende Informationen genutzt werden:

• Marshall hat zur Verdrahtung der Lautsprecher bis ca. 1978 schwarze und rote Kabel verwendet.
• Eine genauere Inspizierung der Lötstellen gibt in der Regel Aufschluss, ob hier schon einmal was passiert ist.
• Bei mehrfacher Bestückung: Die gestempelten Date-Codes der Celestion-Speaker sollten auf allen Speakern einer Box identisch sein.

Schauen wir uns also jetzt zunächst die äußerlichen Merkmale der verschiedenen Epochen an.

Das weiße Typenschild
im 60s-Style Datierungshilfe_020 Kleines Modell-Schild
(„stock-no. Badge“) auf
der Rückseite eines 1970er
JMP50 Lead Tops. Dieses
Schild wurde bis 1972
verwendet. Grüne Platine von 1978

A.) 1963 bis 1967
• Die Boxen haben keine seitlich eingelassenen Griffschalen, sondern zwei Ledergriffe auf der Oberseite.
• Die Frontbepannung ist „pinstripe“, ein gräulich-weißer Stoff mit vertikal verlaufendem Streifenmuster.
• Die Boxen haben keine Rollen und auch keine Aufnahmen dafür.
• Die ersten Versionen bis ca. 1965 waren 60-Watt-Versionen (4×12 mit 15 Watt pro Speaker), die Versionen bis 1967 80-Watt-Typen (4×12 mit 20 Watt pro Speaker) und/oder 100-Watt-Boxen (4×12) mit 25 Watt pro Speaker, Stock-Nr. 1935 Bass, 1960 Lead)
• Ebenfalls nur 1967 gibt es die hohe, gerade 1960B Pinstripe Box (Tall Cab), die mit vier Celestion G12 M20 bestückt ist.

100-Watt-Top zwangsläufig zwei 4×12-Boxen, weil die G12 M20 auf maximal nur 80 Watt kamen. Die G12 H (bzw. später: M) 25 Watt Greenbacks kommen Ende 1967, Anfang 1968 heraus. Aus den G12H werden ab Sommer 1969 die 30 Watt starken Greenbacks (= 120 Watt starke 4×12-Boxen, StockNo. 1982), während die G12-M-Typen bei 25 Watt Leistung bleiben (100 Watt starke 4×12-Boxen, StockNo. 1960 und 1935). Das klassische MarshallFullstack wird erfunden, nachdem sich Pete Townshends Roadies über die Sperrigkeit und das Gewicht der für ihn gebauten 8×12“(!)-Boxen beschweren. Das bringt Jim Marshall auf die Idee, aus dem Monstrum einfach zwei Boxen zu kreieren, die man auf Wunsch stapeln („to stack“) kann. Insgesamt wurden in der Marshall-Geschichte nur acht dieser MonsterBoxen gebaut – sechs für Pete Townshend, zwei für die Small Faces.

JMP-Gehäusetyp 2, 1977 bis 1980 Dieser 2203 repräsentiert den
JCM800-Gehäusetyp3, der von 1981
bis heute gebaut wird.

B.) 1968 bis 1971 und Mitte 1972

• Die Boxen haben nun Griffschalen aus Metall mit verchromten Griffen.
• Die Frontbespannung ist Basketweave (Korbgeflecht), entweder in Grau-Beige („Salt & Pepper“) oder Hellbraun („Brown Basketweave“).
• Die Boxen haben entweder kleine Steckrollen oder große an einem Vierkantblech angeschraubte Rollen mit Bremshebeln.
• 1972 bekommen die Boxen die Checkerboard-Frontbespannung und braune Metall-Rollen, die in Gewindeaufnahmen angeschraubt sind.
• Die Boxen haben oben und unten ein sogenanntes gold piping (Keder) und keine Plastikecken.
• Anfang 1969 werden die Celestion G12 H-Speaker mit 30 Watt Leistung für die Heavy-Duty-Boxen-Version (Stock-Nr. 1982A/B) eingeführt. Somit sind diese Boxen bis 120 Watt belastbar.
• Die Rückwand ist aus massiver Birke und trägt zwei kleine weiße Schildchen: eins mit der Seriennummer (No. ca. 6000 bis 54.000) und eins mit der Modell-Nr. (Stock-No.).

C.) 1973 bis 1975

•Ab 1973 bekommen die Boxen Plastikecken und Plastik-Griffschalen sowie Anti-Rutschpads auf den abgeschrägten 1960A-, 1982Aund 1935A-Versionen.
• Der Frontbezug ändert sich in Grey Checkerboard.
• Die Rollenschalen auf den geraden Boxen (1960B, 1982B, 1935B) sind nun ebenfalls aus Kunststoff und tragen Marshall-Schriftzüge.
• Die Rückwände sind nun nicht mehr massiver Birke, sondern aus leichterem Pressspan und haben zunächst ein schwarzes und ab ca. 1974/75 ein silbernes Typenschild mit Seriennummer.

D.) 1976 bis 1978

• Die Boxen bekommen eine schwarze Frontbespannung und weißes Piping (Keder), nur die Export-Modelle für die USA tragen bis 1978 das schicke Checkerboard.
• Auch das Tolex (Kunstleder) ändert sich. Das feinere LEVANTweicht dem groberen ELEPHANT-Muster, das heute noch für die Standard-Serien verwendet wird.
• Das Typenschild ist nun ein rundes Aluminium-Badge mit schwarzer Schrift.
• Die Metall-Schraubrollen und Gewindeaufnahmen, vormals braun, werden nun schwarz lackiert.

E.) 1979 bis heute

• 1979 bis 1983: Celestion G12 65-W-Speaker, 260 Watt Gesamtleistung
• 1984 bis 1987: G12 70-W-Speaker, 280 Watt Gesamtleistung
• 1988 bis heute: G12 75-W-Speaker, 300 Watt Gesamtleistung (Die Angaben zur Gesamtleistung beziehen sich natürlich nur auf 4×12- Boxen, die von 2×12- oder 1×12-Boxen lassen sich ja leicht selbst errechnen.)
• Die Boxen haben kein Piping (Keder) mehr und die Schraubrollen sitzen nun in Aluminium-Halterungen.
• Das Typenschild ist aus rechteckigem, schwarz bedrucktem Aluminium.
• Ab ca. 1987/88 wandert die Input-Buchse von unten nach oben.
• Ab ca. 1989/90 kommt das Stereo-Steckfeld auf.

Celestion-Datierung

Celestion Speaker weisen Stempel und Markierungen auf, mit deren Hilfe sich eine Datierung von Boxen oder Combos mit oben beschriebenen Merkmalen bestätigen bzw. eingrenzen lässt. Das greift natürlich nur, wenn die Lautsprecher nicht irgendwann einmal ausgetauscht worden sind. Die frühen Marshall G12 15 Watt T-652 Celestions sind baugleich mit den VOX Blue bzw. Silver Bulldogs, nur sind sie nicht lackiert, sondern in Hammerschlag-Silber und tragen keine Kappen auf den Magneten. Stattdessen prangt auf den Lautsprechern von 1962/63 ein silberner Aufkleber mit der Shop Adresse (Uxbridge Road Hanwell), der ab Juni 1964 gold wird und die Silverdale Shop-Adresse trägt. Ebenso wie bei den Vox-Lautsprechern sind die Date Codes der frü- hen Marshall-Celestions auf die Korb-Front gestempelt, d. h., man kann sie nur sehen, wenn man den Speaker herausschraubt. Außerdem haben die Kalotten einen weißen „Cone“-Aufdruck, der Auskunft darüber gibt, ob es sich um einen Lead- (102 003 oder H1777) oder Bass-Lautsprecher (102 014) handelt.

Wenn der Lautsprecher also einmal „reconed“ wurde, fehlt dieser weiße Stempel und die Pappe ist in der Regel wesentlich dunkler und damit neuer. Schlussendlich ist der Unterschied zwischen „Pre-Rola“ und „Rola“ rein kosmetischer Natur: Der goldene Aufkleber auf der Pre-Rola-Greenback-Kappe weist CELESTION LTD., THAMES DITTON SURREY aus, während ab 1972 der Aufkleber ROLA CELESTION LTD., IPSWICH SUFFOLK zeigt. Außerdem ist die Anschlussplatte für die Kabel bei Pre-Rola-Speakern aus schwarzer, dicker Pappe und bei Rolas aus grauem Metall. Ab 1973 gibt es dunkelweiße, ab ca. 1975 schwarze Magnetkappen. Mit der Ablösung der Alnico- durch KeramikMagnete kommen 1966 die uns wohlbekannten Greenback G12M (mit der Celestion-Typenbezeichnung T-1221) Lautsprecher ins Spiel, zunächst in der 20-Watt-Version. Ab 1968 kann man Celestion-Speaker nach den auf dem Lautsprecherkorb angebrachten Stempeln sicher datieren (Achtung: Ein Jahr früher als die Marshall-Amp-Codes!). Hier gibt es zwei Kennzeichnungen, Dating- und Speaker-Typ-Codes.

Ein Greenback Celestion
des Typs G12 H30 (T-
1217) mit dem DateCode
JD 28X, also vom
28. September 1971 Ein Pre Rola G12 M mit
25 Watt (T-1221) mit dem
Date-Code 17 KA, also
vom 17. Oktober 1968 Oben: Cone-Nr. auf der
Innenseite der Kalotte
(014 = Bass Cone);
unten: Typ- Nr. (T-1281),
Stempel und Date Code
vom 29. Mai 1970

Der Dating Code setzt sich ab ca. 1968 aus folgender Buchstaben-Zahlen-Kombination zusammen (MY DD):

• Monat (A bis M), A steht für Januar, B für Februar etc., bis M für Dezember
• Jahr (A bis Z), A steht für 1968, bis Z für 1991
• Tag (1 bis 31)

Vor 1968 war dieser Code umgekehrt angeordnet, es erschien erst die Ziffer für den Tag und dann die beiden Buchstaben für Monat und Jahr (DD MY, z. B. 24 AH). Taucht mal ein Buchstabe nach der Datum-Ziffer auf (z. B. JD 28X), ist das für die Datierung nicht von Bedeutung. Das war eine Celestioninterne Maßnahme, deren Bedeutung (mir) nicht bekannt ist.

Modell- und
Seriennummer-Schild auf
der Rückwand einer
4×12“-Box von 1969.
Diese Box hat somit
4× G12 H30 Greenbacks. Input-Buchse mit Typenund
Stock-No.-Schild
einer Box von ca. 1971 Brown- und Salt-&-PepperBasketweave-Boxen
von
1969 bis 1971

Beispiele:

24 AH = 24. Januar 1963
CD 28 = 28. März 1971

Auch hier gilt: Die Buchstaben I , O und Q werden aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Zahlen ausgelassen. Der Code für den Speaker-Typ besteht aus einem Buchstaben und einer vierstelligen Zahl. Die Liste der T-Typen-Bezeichnungen ist ellenlang; aus ihr lassen sich der Typ des Speakers (z. B. Lead, Bass etc.), des Gehäuses (Hammerschlag, glatt etc.), des Magneten, des Covers etc. ablesen.

Beispiele:

T-1221 = G12M, 25 Watt, 15 Ohm, Keramik-Magnet, Plastik-Cover, goldener Korb
T-1421 = G12L, 8 Ohm, kein Cover, goldener Korb
T-1419 = G12S, 10 Ohm, kein Cover, schwarzer Korb Michael Doyle hat in seinem Buch „Marshall“ nicht weniger als 184 (!) T-Nummern allein für G12-Speaker gelistet

 

Dieser Artikel stammt aus dem Gitarre & Bass Marshall-Special von 2012

Zu Besuch bei Dr. Jim Marshall

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Jim Marshall sorgt seit 1962 für einen himmlischen Gitarren-Sound, Seite an Seite mit etlichen Protagonisten, die seine Vision eines guten Gitarren-Amps um die Welt trugen und unsterblich gemacht haben: Jimi Hendrix, Randy Rhoads, Gary Moore, Duane Allman, John Entwistle – to name a few.

Autor Udo Pipper hatte die Gelegenheit, Jim Marshall noch zu dessen Lebzeiten in seinem Haus zu besuchen – für ihn ein unvergessliches Erlebnis. Obwohl dieses Interview schon 17 Jahre zurück liegt, zeigt es auf beeindruckende Art und Weise, wie dieser kleine Mann den großen Rock-Sound schuf.    

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Es ist Spätsommer 1998. Jim Marshall hat gerade seinen 75. Geburtstag gefeiert. Aus seinem Unternehmen hatte er sich damals schon fast ganz zurückgezogen und seine Mitarbeit auf größtenteils repräsentative Aufgaben beschränkt. Dennoch ist er noch viel beschäftigt und seine Zeit knapp bemessen. Uns bleiben nur eine Stunde für ein Interview in seinem Lieblingsrestaurant in Milton Keynes Selbst am Londoner Flughafen Heathrow, wo man Vieles gewohnt ist, erregt die überlange Luxuslimousine, die am Terminal 1 auf uns wartet, einiges an Aufsehen. Der Chauffeur verstaut das Gepäck und hält höflich die Türen auf. Für einen kleinen Moment dürfen Uwe Halbe (Marshall- Produkt-Manager bei Musik Meyer) und ich uns wie Popstars auf dem Weg zur Royal Albert Hall fühlen. Der Zielort ist aber ein ganz anderer.

Wir fahren nach Milton Keynes in die Denbigh Road. Hier fertigt Jim Marshall seit 36 Jahren die berühmtesten Rock-’n’-Roll-Amps der Welt. Kaum fallen die schweren Volvo-Türen ins Schloss, entschwebt der imposante Rechtslenker mit dem treffenden Kennzeichen EL34 auf die Autobahn M25 Richtung Norden. Der Chauffeur gibt uns während der Fahrt freundlich Auskunft über unsere Vorgänger auf den ausladenden Rücksitzen: Slash, Eric Clapton, Eddie van Halen und Gary Moore, um nur einige Namen zu nennen. Nach einer guten Stunde erreichen wir die Marshall-Factory im weitläufigen Gewerbegebiet von Milton Keynes.

Hier herrscht Aufregung! Wir sind eine halbe Stunde zu spät. Eine Tatsache, die den extrem engen Zeitplan von Mr. Marshall „unangenehm“ durcheinander bringt. Der mittlerweile betagte Workaholic denkt längst noch nicht daran, sich in den wohl verdienten Ruhestand zurückzuziehen. Das Geschäft mit den schwarzen Stacks ist einfach noch zu spannend. Hinter dem imposanten Foyer öffnen sich riesige Produktionshallen, erfüllt von lauter Rock-Musik aus zahlreich verteilten Lautsprechern.

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Die Atmosphäre ist geprägt von vornehmer englischer Höflichkeit, denn schon kurz nach unserer Ankunft stehen Chef-Ingenieur Steve Grindrod und der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Steve Yelding, bereit, um uns durch die heiligen Hallen zu führen. Hier wird alles gefertigt, was den Namen Marshall trägt. Gerade dröhnt aus den Deckenlautsprechern ein Bon-Jovi-Song. Überall türmen sich in systematischer Ordnung Bauteile, unbestückte Amp-Chassis, Trafos, Röhren und Lautsprecher. Mit selbstkritischer Zurückhaltung erklärt man uns die Vorzüge des aktuellen Produktionssystems, welches die bestmögliche Qualitätskontrolle gewährleisten soll. Mit größtem Einsatz wolle man die gefürchteten Retouren von Händlern vermeiden. Sämtliche Bauteile werden mit Kenndaten versehen, um die exakte Herkunft eventueller Fehler nachvollziehen zu können. Die Führung endet schließlich im sorgsam gepflegten Marshall-Museum, in dem die gesamte Produktionsgeschichte dokumentiert wird. Neben seltenen roten und weißen Stacks sind auch einige Sonderanfertigungen zu sehen. 36 Jahre Amp-Geschichte in einem Raum!

Besonders stolz ist man auf den „Number One“, den ersten jemals gefertigten Marshall JTM 45 von 1962. Für sehr viel Geld konnte das Chassis, das nie ein Gehäuse besaß, vor einigen Jahren zurückgekauft werden. Auch einige Exemplare von Sammlern wie Aspen Pittman ruhen mittlerweile wieder in der alten Heimat. Gleich darauf steuern wir in der Stretch-Limo Richtung „Bluesbreaker House“, dem fast bescheiden wirkenden Bungalow des Firmengründers. Hier erwartet uns Jim Marshall und steigt nach freundlicher Begrüssung zu. In seinem Stammlokal „Swan“ erwartet man uns bereits. Auch hier weiß man, dass der berühmte Firmenchef großen Wert auf Pünktlichkeit legt. Am reservierten Stammtisch werden Speisekarten gereicht.

Jim Marshall sitzt direkt neben mir, vergewissert sich offensichtlich zunächst meiner Umgangsformen und flüstert schließlich mit auffallend leiser Stimme: „The duck is delicious!“ Er lächelt und verlangt von mir die Speisekarte in der sicheren Annahme zurück, dass ich seinem Rat folge. Das tue ich auch, denn wer würde dem bescheidenen, aber mit einer umso größeren Ausstrahlung ausgestatteten Gentlemen widersprechen? Natürlich folgen auch alle anderen Anwesenden diesem Rat. Während wir auf das Essen warten, fordert er mich auf, mit dem Interview zu beginnen: „Stellen Sie bitte ihre Fragen. Wir haben nicht viel Zeit.“

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Wie kamen Sie dazu, Verstärker zu bauen?

Jim Marshall: In den 50er-Jahren war ich Entertainer, Sänger und Stepptänzer. Später ersetzte ich einen erkrankten Kollegen an den Drums und bin dabei geblieben. Sie sehen also, Verstärker sind eigentlich gar nicht mein Metier. Wenn Sie technische Fragen zu den Verstärkern haben, fragen Sie lieber Steve Grindrod. Der kennt sich da besser aus. Nachdem ich die Drums einigermaßen beherrschte, wollte ich meinen Lebensunterhalt als Schlagzeuglehrer verdienen. Ich hatte bald viele gute Schüler, darunter auch Mitch Mitchell, den ich später mit Jimi Hendrix zusammenbrachte. Ich besorgte damals meinen Schülern auch die Drum-Kits und das ganze Zubehör, da man das noch nicht wie heute an jeder Straßenecke kaufen konnte. Daraus entwickelte sich schließlich ein kleines Musikgeschäft, in dem ich irgendwann auch Gitarren und Verstärker verkaufte.

Das war etwa im Juli 1960. Ab 1962 kam dann Ken Bran dazu, ein fähiger Service-Techniker, der die Reparaturen für mich erledigte. Wir führten damals Amps von Fender und Selmer, die wir leider sehr teuer einkaufen mussten. Eines Tages kam Ken auf die Idee, eigene Amps zu produzieren, um den Preis niedrig zu halten. Und das war dann die Geburtsstunde der Marshall- Amps. Ja! Ich war zunächst skeptisch und sagte zu Ken: ,OK, probier das mal aus. Ich höre mir das Ergebnis dann erstmal an.‘ Mir schwebte nämlich vor, einen richtigen Lead- Amp mit genügend Lautstärke, Dynamik und Distortion zu kreieren. Die Gehäuse baute ich damals noch selbst, während Ken zusammen mit einem jungen Ingenieur namens Dudley Craven die Schaltung entwickelte.

Ich dachte, Sie hätten zunächst den Fender Bassman kopiert.

Jim Marshall: Im Prinzip stimmt das auch. Meine Kunden waren damals vor allem Fans der Fender- Amps. Die waren aber zu teuer und zu clean. Wir wollten einen heißeren Amp. Der Bassman war der einzige Amp, der richtig viel Gain besaß. Wir wollten den Sound aber noch aggressiver und markanter machen. Also fingen wir an, mit dieser Schaltung zu experimentieren. Und so entstand im September 1962 der erste JTM-45-Prototyp, der auch drüben im Museum steht.

Welche Änderungen an der Bassman- Schaltung wurden vorgenommen?

Jim Marshall: Das waren erst nur Kleinigkeiten. Der Bassman hat in der ersten Verstärkerstufe beispielsweise eine 12AY7-Röhre mit sehr wenig Gain. Wir nahmen eine 12AX7, die sich leichter übersteuern ließ. Dann verwendeten wir britische Kondensatoren mit einem schlankeren Sound, der auch mehr „Grind“ zur Verfügung stellte. Dazu kamen noch die Trafos, die ganz anders klingen als die von Fender. Unser Amp klang schließlich heller, frischer und aggressiver als der Fender Bassman. Wir verbauten auch die robusten KT66-Röhren, später dann die EL34, wodurch sich unser Sound nochmals stärker vom Fender Bassman abhob. Außerdem arbeiteten wir schon immer mit Celestion zusammen. Diese Speaker klingen ganz anders als die amerikanischen Lautsprecher. Sie waren prägend für den markanten Marshall- Sound. Der raue Brit-Sound!

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Wie muss man sich die Produktionsräume von damals vorstellen?

Jim Marshall: Vorne der Laden, hinten die Werkstatt, in der auch gefertigt wurde. Alles sehr klein und bescheiden. Wir bauten damals etwa einen Amp in der Woche. Doch schon bald steigerte sich die Nachfrage. Und 1963 wurde aus der kleinen Werkstatt eine größere Produktionsstätte. Einer unserer ersten Kunden war Pete Townshend, den ich schon vom Säuglingsalter her kannte. Ich spielte mit seinem Vater, der ein sehr guter Klarinettist war, zusammen in einer Band. Obwohl er regelmäßig meine Amps auf der Bühne zerstörte, was ich überhaupt nicht gut fand, war er sicher dafür verantwortlich, dass wir bekannt wurden. Wir bauten auch Amps für die Tremeloes und viele andere erfolgreiche Musiker von damals.

Worin besteht die Einzigartigkeit des Marshall-Sounds?

Jim Marshall: Natürlich im Overdrive-Sound! Übersteuerte Röhren in Verbindung mit speziellen Ausgangsübertragern sind unser Markenzeichen geworden. Diesem Kurs folgen wir bis heute. Und zum Glück ist es bis heute noch niemandem gelungen, unsere Trafos und damit unseren Sound genau nachzubauen. Der Marshall- Sound wurde zum Maßstab für übersteuerte Lead-Gitarre.

Welche Gitarren wurden bei der Entwicklung der ersten Marshall-Verstärker eingesetzt?

Jim Marshall: Damals hatte ich ja überhaupt keine Ahnung von Gitarren-Amps. Im Laden führte ich aber Gitarren von Fender und Gibson. Die Les Paul und Fender Stratocaster waren damals die modernsten und rockigsten Gitarren ihrer Zeit. Somit waren sie auch an der Entwicklung unserer Amps beteiligt. Eine Les Paul über einen Marshall gespielt, zählt bis heute zu meinen absoluten Favoriten. Eric Clapton hat das 1966 wie kein anderer auf dem Bluesbreakers-Album mit John Mayall demonstriert. Er setzte genau das um, was mir vorschwebte. Der fette Lead-Sound wurde so geboren.

Wie entstand die erste 4x12-Box?

Jim Marshall: Unsere ersten Boxen waren ja 2×12-Modelle. Da die frühen Celestion-Alnico-Lautsprecher aber nur je 25 Watt Leistung verkraften konnten, knallten die dauernd durch. Unsere Verstärker hatten aber Peaks von über 45 Watt. Um diesen Missstand zu beseitigen, entwickelte ich die 4×12-Box mit 100 Watt. Das Witzige daran ist, dass ich mir bei dem Design dieser Box überhaupt nichts gedacht habe. Sie sollte einfach nur relativ klein und sehr stabil sein. Ich glaube, ich habe einfach vier 12-Inch-Lautsprecher auf ein großes Stück Papier gelegt und darum einen Rahmen gezeichnet. Die ersten Boxen waren dann die gerade Version. Das sah aber mit dem kleinen JTM45-Topteil irgendwie komisch aus.Die Proportionen stimmten nicht.

Also habe ich sie vorn ab der Hälfte abgeschrägt, damit das Design besser wird. Der Amp passte in seiner Tiefe genau auf die verbleibende Fläche. Als mich dann Micky, der Gitarrist der Tremeloes, fragte, warum die Box abgeschrägt ist, lieferte ich ihm spontan eine pseudo-wissenschaftliche Erklärung: „Tja, die Box ist so gebaut, dass der Klang ungehindert über die Köpfe des Publikums abgestrahlt wird und auch am anderen Ende der Halle noch zu hören ist.“ Ich hatte mir diese Erklärung nur ausgedacht, aber als ich ans andere Ende der Halle ging, hörte ich, dass ich doch keinen Quatsch erzählt hatte! (lacht) Aber noch einmal: Die Boxen wurden nur aus optischen Gründen abgeschrägt gebaut.

MUSTERSEITE

Diese Box wird ja heute von unendlich vielen Herstellern kopiert

Jim Marshall: … Oh ja! Ich hätte damals schlauer sein sollen und mir diese Holzkiste vom ersten Tag an patentieren lassen. Das hätte eine ganze Menge Geld gebracht (lacht)

Wie kam es dann zum ersten Marshall- Stack?

Jim Marshall: Ich glaube, das war 1964, als Pete Townshend uns nach 100-Watt-Verstärkern fragte. Wir bauten ihm die ersten drei 100-Watt- Tops unserer Geschichte. Er wollte 8×12-Cabinets dazu. Dazu machte ich mir ein paar Gedanken und entwickelte schließlich die ersten beiden 8×12“-Boxen. Als Pete die „Schränke“ abholen wollte, konnte er sie kaum aus dem Laden heben. Ich rief ihm nach: „Hey, deine Roadies werden dich umbringen.“ Aber er schüttelte nur den Kopf und sagte: „Na und? Die werden schließlich dafür bezahlt.“ Er war in diesen Dingen damals ziemlich stur. Nur zwei Wochen später kam er wieder und hatte eingesehen, dass die Teile einfach viel zu groß waren. „Kannst du die Boxen nicht einfach in der Mitte durchsägen?“, fragte er. Ich sagte ihm: „Geh’ du nur nach Hause. Ich mach das schon.“ Also baute ich ihm zwei 4×12- Boxen, die untere gerade, die obere schräg, und so entstand das erste Marshall-Stack. Das war ungefähr 1964.

Somit war Pete Townshend der Erfinder des Marshall-Stacks?

Jim Marshall: Wenn man so will, ja! Allerdings waren Ken und ich für das endgültige Design verantwortlich und gaben der Sache den letzten Schliff.

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Gab es noch andere Gitarristen, für die spezielle Sachen entwickelt wurden?

Jim Marshall: Ja, natürlich! Wir haben etwa für Ritchie Blackmore diese 200-Watt-Tops gebaut. Die ersten Modelle neigten zur Überhitzung, daher haben wir dann KT66-Endröhren eingebaut. Es gibt aber nur ganz wenige Verstärker dieser Art. Wir haben auch für Brian Poole von den Tremeloes spezielle Features nach Wunsch umgesetzt. Das waren blonde Half-Stacks.

Wann und wie haben Sie Jimi Hendrix kennengelernt?

Jim Marshall: Eines Tages brachte mein ehemaliger Schlagzeugschüler Mitch Mitchell Jimi Hendrix mit in meinen Laden. Ich empfinde übrigens die Tatsache, dass Mitch in der Band von Jimi Hendrix landete, als ein Highlight meiner Karriere. Damals dachte ich ja zuerst, Jimi wäre schon wieder so ein amerikanischer Lackaffe, der alles umsonst haben wollte. Aber Jimi entpuppte sich als unheimlich freundlicher und schüchterner Mann.Er kaufte ein paar Amps und bezahlte den regulären Kaufpreis. Er fragte nicht einmal nach einer Ermäßigung. Das einzige, was er forderte, war weltweiter Service, egal wo er spielte. Ich schlug ein und machte mit ihm diesen Deal. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass ich einen Techniker irgendwohin in die Welt fliegen musste. Aber das machte ich gern. Er war ein wirklich netter Junge. Außerdem hieß er mit vollem Namen James Marshall Hendrix und ich heiße ja James Marshall. Diese Namensverwandtschaft konnte doch kein Zufall sein. (lacht)

Hat Jimi in irgendeiner Weise Sonderwünsche geäußert?

Jim Marshall: Keine Spur! Er spielte JTM 45/100 Standard- Stacks. Er koppelte mehrere Verstärker miteinander, um mehr Lautstärke zu erreichen. Früher gab es ja oft noch keine P.A.-Systeme. Nach anderem Schnick-Schnack fragte er nie.

Hatten Townshend und Hendrix oft Reparaturen an ihren Amps?

Jim Marshall: Nicht, dass ich wüsste. Sie zerstörten aber regelmäßig die Bespannstoffe der Boxen. Bei Townshend wurden die Boxen dann neu bezogen, während Hendrix einfach meist zu weit weg unterwegs war. Der musste dann damit leben. Townshend machte dann das „Verstärker-Zerstören“ zu seinem Image. Das fand ich überhaupt nicht komisch. Das waren schließlich meine Amps und meine Boxen! Warum musste dieser Lümmel die immer zerstören?

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Wie kam die Zusammenarbeit mit Slash zustande?

Jim Marshall: Slash wollte einfach ein paar Kopien seines Lieblings-Modells, dem 2550 Silver Jubilee, den Steve Grindrod für uns entwickelt hatte. Das war gar nicht so einfach, denn die Produktion war bereits ausgelaufen, und wir mussten erst einmal die ganzen Bauteile für diesen Amp wieder auftreiben. Wir hatten dann schließlich Bauteile für circa 3.000 Amps. Also musste dies eine „Limited Edition“ werden. Bis zum Slash-Signature- Modell war es dann nur noch ein kleiner Schritt. Es war das erste Mal, dass wir so etwas machten.

Sie haben immer Celestion-Lautsprecher verwendet. Wie ist die Zusammenarbeit heute?

Jim Marshall: Sehr gut. Früher haben wir einfach das genommen und uns sogar danach gerichtet, was Celestion im Programm hatte. Siehe die Entwicklung der 4×12-Box! Schon längst werden aber spezielle Speaker für uns entwickelt und gebaut, schließlich nehmen wir auch eine ganze Menge davon ab! (lacht) Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, und die Speaker sind einfach sehr zuverlässig, was mir eigentlich am wichtigsten ist. Marshall und Celestion passen einfach sehr gut zusammen.

Was denken Sie eigentlich über die Mystik, die über die alten Marshall- Amps verbreitet wird?

Jim Marshall: Ich finde das interessant! Aber ich glaube auch, dass Musiker das hören, was sie hören wollen. Als ich Eddie van Halen in Los Angeles mal traf, sagte er mir: „Jim, ich besitze den besten 50-Watt-Amp, den du je gebaut hast!“ Aber das ist ein Satz, den ich schon oft gehört habe. Mir geht es übrigens ähnlich, wenn es um Drums oder Becken geht. Ich besitze eine ganze Menge Becken, und ich kann da eins oder zwei rausnehmen, die genau meinen Geschmack treffen. Das sind die besten – für mich! Sehen wir es doch einmal so: Amps, auch die des gleichen Typs, klingen total unterschiedlich.

Es gibt Toleranzen innerhalb der Bauteile und damit ändert sich auch der Sound. Wenn jetzt eine kleine Abweichung deinem Geschmack eher entspricht als der Standard-Amp, dann ist das halt für dich der beste Amp, den ich je gebaut habe. (lacht) Und: Damals in den alten Tagen konnten wir nur kleine Mengen dieser Bauteile kaufen und wurden mit unterschiedlichen Qualitäten geliefert – deshalb klangen alte Amps einfach unterschiedlich. Ob gut oder schlecht – das hat dann wieder mit dem persönlichen Empfinden zu tun. Insofern kann ich eigentlich nichts damit anfangen, wenn jemand die alten Amps pauschal über den grünen Klee lobt. Heute ist das anders: Die Qualität der Bauteile ist konstant, die Preise sind besser, weil wir eben nicht 200 Widerstände sondern Millionen brauchen.

Die Sammler auf dieser Welt horten mittlerweile die alten Amps wie Schätze. Ist das auch mit ein Grund, dass die Reissue-Serie geboren wurde?

Jim Marshall: Ja, sicherlich. Die Anfrage dazu kam von unserem japanischen Vertrieb. Aber wir waren darüber not amused, denn wir wollten eigentlich lieber neue Amps entwickeln, als uns selbst zu kopieren. Außerdem ist die Entwicklung einer Kleinserie, von der wir erstmal ausgegangen waren, nicht gerade wirtschaftlich sinnvoll. Aber da die Bestellung der Japaner ziemlich groß war, lohnte sich der Aufwand für uns. Das Schwierigste daran war übrigens, die historisch korrekten Ausstattungs- Details wie Kunstleder, Speaker, Griffe, Schalter etc. aufzutreiben, denn diese Teile wurden praktisch nicht mehr hergestellt.

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Wie ist eigentlich Ihre Meinung zu den vielen Marshall-Modifikationen, die in den Achtzigern aufkamen?

Jim Marshall: Dagegen habe ich im Grunde nichts. Aber wir haben unsere Antworten darauf gegeben, und zwar so, wie wir es technisch verantworten können. Nämlich ohne Schäden an Trafos oder Röhren zu riskieren. Viele Bauteile eines Marshalls sind nicht für diese Modifikationen ausgelegt, und so ist es kein Wunder, dass eben viele dieser Amps nicht zuverlässig laufen. Für uns ist das eine dumme Situation, denn auf dem Amp, der da gerade hoch geht, steht in der Regel ja immer noch mein Name vorne drauf.

Außerdem bin ich überhaupt nicht damit einverstanden, was solche modifizierten Amps kosten. Dabei sind die meisten Umbauten simpel. Die Techniker verlangen viel Geld für wenig Arbeit, und das ist nicht in Ordnung. Und bei uns landen dann die Verstärker der Musiker, die wir wieder in den Originalzustand zurückversetzen sollen. Aber Musiker sind leichtgläubig, orientieren sich an dem, was in der Szene so erzählt wird oder was in der Werbung steht. Aber es ist auch richtig, dass viele dieser Hotrodder der Industrie interessante Impulse geben. Unter ihnen gibt es natürlich auch gute Leute, die gute Arbeit leisten. Aber wie gesagt – wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und mittlerweile selbst Amps im Programm, die den modernen Sound-Ansprüchen genügen.

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Wie sieht denn heute Ihr Lieblings- Sound aus?

Jim Marshall: Oh, eine interessante Frage! Meiner Meinung nach bringt das normale Marshall- Standard-Equipment den besten Sound. Für mich klingen die puren Verstärker wie der 1987 oder der 1959, weit aufgedreht natürlich, immer noch am besten. Ohne Booster, ohne Effekte. Auch ohne Mastervolume, denn auch der nimmt etwas vom Ton weg. Der Markt verlangte aber danach, und wir haben sehr viel davon verkauft. Mir gefallen aber auch die Amps der Valvestate-Serie, weil sie einfach gut klingen und weil sie günstig sind und vielen Musikern einen Marshall- Sound ermöglichen, die sich die teureren Amps nicht leisten können. Außerdem kann man doch in der Regel einen puren Röhren-Amp kaum so weit aufdrehen, dass er richtig gut klingt – die Zeiten sind ja lange schon vorbei.

Wie sieht heute Ihr Alltag in der Marshall-Factory aus?

Jim Marshall: Ich habe mich schon etwas zurückgezogen und verfolge meine Charity-Projekte mit Kindern, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Mein Zeitplan ist gut ausgefüllt. Jeden Morgen gehe ich aber ins Büro und lese die gesamte Post. Das lasse ich mir nicht nehmen. Ich muss immer genau wissen, was läuft und wo es eventuell Probleme geben könnte. Schließlich steht auf den Amps immer noch mein Name … Ja, ich muss nun auch wieder los. War nett, mit Ihnen zu sprechen!

Ich bedanke mich auch!

Und schon war Jim Marshall nach der vorzüglichen Ente und einem kleinem Nachtisch verschwunden. Mir war tatsächlich kaum eine Stunde geblieben, um den viel beschäftigten Geschäftsmann zu befragen. Dennoch ist dieser persönliche Eindruck durch nichts zu ersetzen. Ein Jahr später treffe ich ihn noch einmal im Flugzeug nach London. Er erkennt mich sogar wieder und fragt, ob die Ente auch wirklich gut war. „Sie war es,“ antworte ich. Er lächelt, nimmt einige Akten aus seinem Koffer und vertieft sich in sein Business.

Mehr zur Thema Marshall Amps findest du in unserer Marshall Sonderausgabe. Einen Überblick über die Firmen-Entwicklung zu Lebzeiten von Jim Marshall, findest du außerdem in unserem Artikel ‚Die Marshall Zeitmaschine‚.

Aus dem Gitarre & Bass Marshall Sonderheft 2012

 

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